Gütersloh. Die Haushaltsberatungen der Bundesregierung sorgen derzeit für Unruhe bei den Jobcentern. Deren finanzielle Mittel für Eingliederung und Verwaltung will die Bundesregierung 2024 um 500 Millionen Euro kürzen. In den Folgejahren sind sogar bis zu 900 Millionen Euro geplant. Als wesentliche Sparmaßnahme soll ab 2025 die Betreuung der unter 25-jährigen Leistungsbeziehenden nicht mehr bei den Jobcentern liegen, sondern bei der Agentur für Arbeit. Bei den Ländern und kommunalen Jobcentern stoßen diese Pläne auf offenen Widerstand. Das Thema wurde daher im Ausschuss für Arbeit und Soziales des Kreises Gütersloh am Donnerstag, 14. September, diskutiert. Fred Kupczyk, Leiter des Jobcenters, erläuterte den Politikerinnen und Politikern die Problematik: „Die etablierten und bewährten Strukturen unseres Jobcenters werden durch die geplanten Kürzungen zerstört.“
Etwa 2.500 junge Leute unter 25 Jahren betreut das Jobcenter Kreis Gütersloh derzeit. Ziel der Zusammenarbeit mit anderen Akteuren wie Weiterbildungsinstituten oder der ansässigen Wirtschaft ist es, die jungen Leistungsempfänger in ihren Familien zu erreichen und sie vor allem durch Aus- und Weiterbildung langfristig in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Eine besondere Herausforderung bestehe dabei insbesondere bei jungen Zuwanderern, die weder hinreichend deutsch sprechen und oft nicht die Bedeutung eines Schul- und Ausbildungsabschlusses für ihr späteres (Erwerbs)Leben einschätzen können. Wenn diese künftig von der Agentur für Arbeit betreut werden, werden die Familien von zwei Institutionen beraten: die Eltern vom Jobcenter, die Kinder von der Arbeitsagentur. Anstatt zu entbürokratisieren, entstehen neue behördliche Abstimmungsbedarfe. Derzeit hat die Arbeitsagentur eine sogenannte Komm-Struktur, was so viel heißt, dass nur diejenigen unterstützt werden, die von sich aus den Weg dorthin finden. Insoweit sei das Gesetzesvorhaben der Bundesregierung nicht durchdacht. „Möglicherweise verschwinden die jungen Leute vom Radar und verlieren wertvolle Zeit. Im Extremfall landen sie mit 26 Jahren, mit Zeitverlust und ohne Ausbildung letztendlich doch bei uns im Jobcenter“, warnt Kupczyk. Mit der Verlagerung der Zuständigkeit würde zwar der steuerfinanzierte Bundesetat für SGB II-Mittel entlastet, allerdings auf Kosten der Versichertengemeinschaft über die Arbeitslosenversicherung, die von Arbeitgebern und Arbeitnehmern über Beiträge und Lohnnebenkosten finanziert werden muss.
Das Jobcenter hatte sich in den vergangenen Jahren vielen Herausforderungen zu stellen: Neue Regeln im Bürgergeldgesetz, das Teilhabechancengesetz sowie der Krieg in der Ukraine und die damit verbundene Fluchtbewegung führten zu qualitativ und quantitativ gesteigerten Anforderungen. Die Anzahl der zu betreuenden Personen und der Unterstützungsbedarf sind rapide gestiegen. So vermitteln die Jobcenter-Mitarbeitenden beispielsweise auch Sprachkurse, um zugezogenen Menschen die Integration auf dem Arbeitsmarkt zu ermöglichen. „Unser Jobcenter leistet hervorragende Arbeit und hat ein erfolgreiches Netzwerk zur Arbeitsvermittlung aufgebaut. Die geplanten Mittelkürzungen stehen im Gegensatz zum tatsächlichen Bedarf und gefährden die gesellschaftliche und berufliche Integration von benachteiligten jungen Menschen, insbesondere Zuwanderern“, betont Landrat Sven-Georg Adenauer mit Hinweis auf das kommunale Netzwerk des Jobcenters mit Berufskollegs, Jugendämtern, Integrationsdiensten, Kommunen und Ausländerbehörde.