Eine Operation im Alter kann ins Pflegeheim führen, wenn die Patienten nach der OP in einen schweren Verwirrtheitszustand geraten. In der Fachsprache heißt das „Delir“. Die Bürgerstiftung Gütersloh hat deshalb mit insgesamt 380.000 Euro, davon 180.000 Euro aus der Erich und Katharina Zinkann-Stiftung, ein auf drei Jahre angelegtes Projekt finanziert, das Patienten hilft, ein Delir zu vermeiden. Die Verbesserungen für Patienten, ihre Angehörigen und Mitarbeitende sind so deutlich, dass beide Krankenhäuser die Delir-Prävention fortführen und ausbauen.
„Ein tolles Projekt, was Sie da machen. Wenn ich mal alt bin, hoffe ich, dass ich da auch reinkomme“, so hat es jüngst die Angehörige einer Patientin formuliert, die im Rahmen des Delir-Projektes am Klinikum Gütersloh und dem Sankt Elisabeth Hospital behandelt worden ist. Ein sogenanntes Delir, also eine akute Verwirrtheit nach einer Operation kann Menschen jeden Alters treffen, aber Patienten über 65 Jahren sind besonders häufig betroffen. Für sie kann diese Verwirrtheit der Anfang vom Ende ihrer Selbstständigkeit sein. Die Spezialisten der Delir-Teams in beiden Häusern arbeiten deshalb mit viel Feingefühl und großer Expertise daran, dass ältere Menschen auch nach einer Operation orientiert und geistig fit bleiben. „Es kommt darauf an, schon im Vorfeld die Risikofaktoren zu erkennen, um ein Delir zu verhindern, das können auch vermeintliche Kleinigkeiten sein“, erklärt Katja Plock, Leiterin des Delir-Projektes im Klinikum Gütersloh. Ein Faktor sind Medikamente, die Verwirrtheit fördern, wie bestimmte Antidepressiva oder Schlaf- und Schmerzmittel. Durch die Arbeit der Delir-Teams konnten die Verordnungen dieser Medikamente gesenkt werden, beide Krankenhäuser haben Mitarbeitende der Apotheken in Arbeitsgruppen und Visiten einbezogen.
„Viele Patientinnen und Patienten höheren Alters haben schon vor der Operation kognitive Einschränkungen oder sind in dieser Hinsicht auffällig. Auf diese Patienten werden wir durch ein Screening aufmerksam und betreuen sie individuell“, erklärt Friederike Handke, die im Sankt Elisabeth Hospital als Projektkoordination verantwortlich ist. Dazu gehört zum Beispiel das gezielte Aktivieren der Patienten durch kleine Nestelkissen mit denen die Patienten ihre oft unruhigen Hände beschäftigen können oder auch eine Handmassage. Gut sichtbar angebrachte Kalender und Uhren, gemeinsames Singen, Spielen und Gespräche über wichtige Stationen im Leben der Patienten geben den Patienten eine wichtige Orientierung. Eine Box für persönliche Dinge, die gut erreichbar am Bett angebracht ist, vermittelt Sicherheit. All diese Faktoren helfen, die Intensität des Delirs zu reduzieren oder es erst gar nicht dazu kommen zu lassen.
Andrea Eickhoff, Pflegedirektorin im Klinikum Gütersloh: „Die Arbeit der Delir-Teams entlastet die Angehörigen, weil sie sehen, dass ihre Familienmitglieder gut versorgt sind. Sie hilft auch den Pflegekräften enorm, weil sie nicht mit dem Gefühl nach Hause gehen müssen, dass sie Patienten nicht gerecht werden konnten. Die Zusammenarbeit mit Altenpflegekräften im Delir-Team ist eine große Bereicherung.“
Das auf drei Jahre angelegte Projekt wurde von der Bürgerstiftung Gütersloh mit 380.000 Euro unterstützt, davon 180.000 Euro aus der Erich und Katharina Zinkann-Stiftung. Insgesamt sind knapp 800 Patienten in den beteiligten Krankenhäusern betreut worden. Auch eine wissenschaftliche Evaluation der Arbeit mit Unterstützung des LWL-Klinikums war Teil des Projektes. Mit sichtbaren Ergebnissen: Weniger Patienten sind nach Ihrer Operation in einen Verwirrtheitszustand geraten. Die Patientinnen und Patienten, die ein Delir erlitten haben, wurden sofort optimal betreut. Darüber hinaus gab es viele positive Nebenwirkungen: Das Risiko zu stürzen ist gesunken und die Patienten haben weniger über Schmerzen geklagt.
Katrin Meyer, Vorstandssprecherin der Bürgerstiftung: „Wir als Bürgerstiftung freuen uns sehr, dass wir den Anstoß dazu geben konnten, dass sich wirklich etwas verändert und dies den Menschen in Gütersloh zugutekommt. Nicht nur während ihres Krankenhausaufenthalts, sondern auch danach.“ Denn die Arbeit der Delir-Teams endet nicht mit der stationären Versorgung. Angehörige bekommen Tipps, wie sie ihre Familienmitglieder unterstützen und vor Verwirrungszuständen schützen können. Einzelne Maßnahmen werden bei Bedarf von niedergelassenen Ärzten ambulant weitergeführt. Bernd Mußenbrock von der Erich und Katharina Zinkann-Stiftung: „Diese gute Zusammenarbeit mit den Angehörigen und ihre Information ist ein wichtiges Element des Projektes. Ich freue mich, dass die Inhalte, die im Projekt erarbeitet wurden, jetzt fester Bestandteil der Versorgung geworden sind.“