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  • 21.06.2024
  • Ausgabe 100
  • RegioCarl

Herbie Hancock

#JazzCityGT - Blog 13
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Text: Reinhard Fulde | Fotos: Raimund Vornbäumen

Ein großes Dankeschön an den Fotografen Raimund Vornbäumen für diese fantastischen Bilder, die er in der Jazz-City Zeit für die Neue Westfälische eingefangen hat. Und an Reinhard Fulde, der uns mit seinen Texten in die vergangene Zeit eintauchen lässt. Zum CARL- Jubiläum haben wir uns den einzigen bis heute lebenden Superstar des Jazz aufgehoben, der zweimal (1995 und 1996) die natürlich jeweils ausverkaufte Stadthalle mit begeisterten Fans von fern und nah füllte: Herbie Hancock ist nach Miles Davis wahrscheinlich bis heute einer der künstlerisch und kommerziell erfolgreichsten Jazzmusiker.

Die meisten Miles Fans dürften sich darüber einig sein, dass die wohl herausragendste Band des Meisters (bekannt als das zweite Miles Davis Quintet) in der zweiten Hälfte der sechziger Jahre aus Tony Williams am Schlagzeug, Ron Carter am Bass, Wayne Shorter am Saxophon und Herbie Hancock am Piano bestand. Bis auf den früh verstorbenen Tony Williams waren sie alle, z.T. mehrfach, bei uns in der Jazzreihe zu Gast. Mit dieser Band verbinden die Fans atemberaubende Live Konzerte (wohl am eindrucksvollsten auf den »Plugged Nickel«-Einspielungen zu verfolgen) und eine ganze Serie von bis heute legendären Studioaufnahmen, die, da praktisch zeitlos, Fans bis heute immer noch genießen: »Miles Smiles«, »Sorcerer«, »Neferiti«, »Miles in the Sky« und »Filles de Kilimanjaro« sowie die Platte, die als Ursprung des Jazzrocks gilt: »In a Silent Way«.

Nach dieser Periode startete Herbie Hancock seine Solokarriere, wobei er sich in den folgenden Jahren sehr erfolgreich der elektronischen Musik zuwandte. Der kommerzielle Höhepunkt war die millionenfach verkaufte LP »Headhunters«, gleich nach Miles Davis‘ »Kind of Blue« die meistverkaufte Jazzplatte aller Zeiten. Die heute nur noch schwer (und teuer) erhältliche CD-Box mit 34(!) CDs »The Complete Columbia Album Collection 1972-88« ist wohl der Traum eines jeden Fans und enthält die gesammelten Werke, u.a. mit acht nur in Japan veröffentlichten Platten dieses Genies. In den 90er Jahren feierte Herbie weitere große Erfolge, u.a. (ähnlich wie Miles) durch Annäherungen an die Popmusik, vor allem aber durch Film Soundtracks (»Blow Up«, »Round Midnight«, »Death Wish«). Er hat inzwischen 14 Grammies und einen Academy Award gewonnen, ist Ehrendoktor des Berkeley College of Music und ….. Der unglaublich vitale inzwischen 84jährige füllt mit seinen Bands immer noch die großen Hallen, wobei man davon ausgehen kann, dass man nie dasselbe Konzert zweimal hören wird. Ich selbst konnte es im letzten Jahr noch hautnah beim North Sea Jazzfestival in Rotterdam erleben, wo er als »Artist in Residence« an drei Tagen in verschiedenen Formationen die Massen begeisterte.

Dank Josefs guter Kontakte kam Herbie Hancock schon 1995 im Trio mit Dave Holland am Bass und Gene Jackson am Schlagzeug nach Gütersloh, ein Jahr später dann im Quartett zusätzlich mit Craig Handy am Saxophon. Natürlich entwickelte sich zwischen dem Superstar und Josef wieder einmal eine ganz besondere Beziehung, die beim zweiten Konzert für ein besonders Highlight für den Veranstalter sorgen sollte: Wie bei Superstars üblich, fanden sich auf der Liste der hinter der Bühne zur Verfügung stehenden Dinge u.a. zwei Flaschen eines exklusiven Champagners, den Josef auch besorgte und den der Star normalerweise einpackte und mitnahm. Nach dem zweiten Konzert ließ sich Herbie aber breitschlagen, öffnete eine Flasche und stieß mit Josef und den anwesenden Managern und Musikern an. Diese nahmen Josef hinterher voller Verwunderung beiseite: So etwas habe Herbie noch nie gemacht… Das erste Konzert sollte zunächst unter keinem besonders guten Stern stehen: Gleich zu Beginn großes Entsetzen bei allen Mitarbeitern hinter der Bühne: »Worst case« – Der Steinway- Flügel war verstimmt. Der Superstar, der nicht gerade als einfach im Umgang galt, blieb aber absolut cool, setzte sich mit baumelnden Beinen an den Bühnenrand (siehe Foto) und plauderte mit dem Publikum, während der (nur zufällig noch anwesende) Klavierstimmer seine nervenaufreibende Arbeit vor versammelter Menge wieder aufnahm. Das Konzert konnte zum Glück weitergehen und wurde natürlich ein toller Erfolg.

Plattentips: Herbie Hancock – Maiden Voyage – Headhunters – Thrust – The New Standard Miles Davis – Live at the Plugged Nickel – In a Silent Way

 

Info Herbert Jeffrey »Herbie« Hancock (*12. April 1940 in Chicago, Illinois) ist ein US-amerikanischer JazzPianist und Komponist sowie Oscar- und Grammy-Preisträger. Viele seiner Kompositionen sind Standards geworden und dienen anderen Jazzmusikern als Improvisationsvorlage, so u.a. »Watermelon Man«, »Maiden Voyage«, »Cantaloupe Island« und »Chameleon«.