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  • 28.10.2024
  • Ausgabe 104
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#JAZZCITYGT

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TEXT: REINHARD FULDE | FOTOS RAIMUND VORNBÄUMEN

Ein großes Dankeschön an den Fotografen Raimund Vornbäumen für diese fantastischen Bilder, die er in der Jazz-City Zeit für die Neue Westfälische eingefangen hat. Und an Reinhard Fulde, der uns mit seinen Texten in die vergangene Zeit eintauchen lässt.

Roy Anthony Hargrove

1994 traten sie zum ersten Mal in Gütersloh auf: Der „Altmeister“ an der Trompete, Freddie Hubbard, standesgemäß im gepflegten Ambiente der kleinen Stadthalle und der »junge Löwe«, Roy Hargrove, der sich anschickte, den Jazzhimmel zu erstürmen, natürlich in der Clubatmosphäre des Jugendzentrums. Bei seinem letzten Auftritt hier, 2007, hatte auch er es dann geschafft: Er galt nun als die unbestrittene Nr. 1 an der Jazztrompete. Ein Jahr nach seinem Tode wurde er 2019 in die berühmte DOWNBEAT Hall of Fame gewählt, genau wie eines seiner Vorbilder, Freddie Hubbard, 2009.

Frederick Dewayne »Freddie« Hubbard

Freddie Hubbard galt 1961, als er sich Art Blakeys Jazz Messengers anschloss, als der wohl wichtigste Newcomer an seinem Instrument und wurde in einem Atemzug mit Lee Morgan, Kenny Dorham und Clifford Brown genannt. Er „verewigte“ sich schon früh mit zahlreichen Aufnahmen auf dem Blue Note Label und war bei den wichtigsten AvantgardeAufnahmen der Zeit dabei: auf Ornette Colemans „Free Jazz“ und John Coltranes „Ascension“. Große Erfolge feierte er in den 70er Jahren mit der Gruppe V.S.O.P., die neben ihm aus den Mitgliedern des legendären zweiten Miles Davis‘ Quintetts bestand.

Die Fans erwarteten natürlich ihr Idol auch in Gütersloh voller Spannung, wurden auch zweimal mit eindrucksvollen Konzerten belohnt, wobei allerdings jedes Mal gesundheitliche Probleme des Startrompeters fast zur Absage des Konzertes geführt hätten. Beim ersten Konzert hatte Freddie Hubbard sich offenbar beim Üben die Hand verstaucht und saß mit schmerzverzerrter Miene in der Garderobe. Josef setzte Himmel und Hölle in Bewegung, um ihm Linderung zu verschaffen.

Anwesende Ärzte unter den Jazzfans wurden (nicht zum einzigen Mal…) konsultiert, und schließlich wurde Hubbard kurz vor dem Konzert ins Städtische Krankenhaus geschafft, wo er schnell behandelt wurde. Mit Verband und dem Arm in der Schlinge erschien er wieder in der Stadthalle, und das Konzert konnte beginnen. Er spielte natürlich selbst nur sehr sparsam, hatte aber wunderbare Mitstreiter, u.a. Kirk Lightsey am Piano und Javon Jackson am Tenorsaxophon, die die Umstände schnell vergessen ließen und den Abend zu einem vollen Erfolg machten. Auch beim zweiten Konzert, 2002, hatte der Trompeter gesundheitliche Probleme, diesmal spielten die »chops«, seine Lippen, der Schwachpunkt vieler Trompeter, nicht mit. Mit dick eingecremten Lippen gab er sein Bestes, auch hier sorgten seine engagierten Mitstreiter für ein erfolgreiches Konzert.

Info

Roy Anthony Hargrove (* 16. Oktober 1969 in Waco, Texas; † 2. November 2018 in New York City) war ein US-amerikanischer Jazz- und Funk-Trompeter. Er war einer der führenden Instrumentalisten der heutigen Jazzszene und ein prägender Musiker der letzten 30 Jahre.

Plattentipps:

Roy Hargrove,

With the Tenors of Our Time

Habanna

The Love Suite in Mahagony (mit Mulgrew Miller)

Der junge Roy Hargrove schaffte es, innerhalb weniger Jahre vom Newcomer zum vielbewunderten Superstar an der Trompete zu werden. Sehr früh von Wynton Marsalis entdeckt, sammelte er schon bald Erfahrungen als Profimusiker, u.a. mit Größen wie Sonny Rollins und Johnny Griffin. Nach dem durchschlagenden Erfolg seines ersten Albums verglich ihn die NEW YORK TIMES mit Altmeister Clifford Brown, in Deutschland feierte ihn der SPIEGEL mit einem eigenen Artikel. Die zahlreichen folgenden Aktivitäten zeigen ihn als äußerst vielseitigen Musiker, in dessen Brust zwei musikalische Seelen wohnten: eine, die die Jazztradition pflegte und weiterentwickelte, und eine, die bewusst aus den Traditionen (etwa in Richtung Funk) ausbrach.

Nach seinem Debut in Gütersloh 1994 waren die nächsten drei Konzerte zwischen 2001 und 2007 sämtlich umgehend ausverkauft, und die Fans drängelten sich in Josefs guter Stube, dem Jugendzentrum, wo sich in der einzigartigen Atmosphäre des völlig überfüllten Raumes Szenen abspielten, von denen viele Fans heute noch träumen. Unvergessen etwa der Abend vor dem Ray Charles Konzert, als ein Teil von dessen Band auf die Bühne kam, einstieg und den Saal endgültig zum Kochen brachte.

Ebenfalls unvergessen die folgende Szene, die sich beim ersten Konzert hinter den Kulissen abspielte: Der schüchtern wirkende junge Roy Hargrove kommt nach der Pause mit einer halb gepellten, angebissenen Banane in der Hand aus der Garderobe, als er von einem weiblichen jungen Fan in »broken English« angesprochen wird: »Can I have your autograph, Mr. Hargrove?« Damit Roy schreiben kann, nimmt sie ihm, kurzentschlossen, die angebissene Banane aus der Hand. Roy signiert und sie darauf: »Thank you for your autograph«. – Roy: »Thanks for holding my banana«.

Info

Frederick Dewayne »Freddie« Hubbard (* 7. April 1938 in Indianapolis, Indiana; † 29. Dezember 2008 in Sherman Oaks, Kalifornien) war ein US-amerikanischer Jazz-Trompeter. Viele seiner Platten, vor allem die auf dem Blue Note Label in den frühen sechziger Jahren, haben ganze Generationen von Trompetern beeinflusst.

Plattentipps:

Freddie Hubbard,

Hub-Tones

Free Jazz (Ornette Coleman)

V.S.O.P.