Gütersloh (gpr). Die Geschichtswerkstatt des Fachbereichs Kultur und des Stadtarchivs hat sich in ihrer kürzlich stattgefundenen Veranstaltung dem Thema Stadtgeschichtsforschung in Gütersloh gewidmet. Im Bürgerzentrum Lukas in Blankenhagen tauschten sich Interessierte über vieles aus – von neuen Publikationen und Zeitzeugenarbeit bis hin zum Einsatz künstlicher Intelligenz.
Zu Beginn berichtete die Leiterin des Stadtarchivs Julia Kuklik über gut laufende Projekte – wie beispielsweise den Audiowalk „Zeit:Punkte“ und die Kooperationsveranstaltung mit der Volkshochschule (VHS) „Gütersloh in Film und Fernsehen“.
Darauf folgte ein Kurz-Vortrag des Historikers Dr. Jens Murken zum Thema „Oral History – Hürden und Chancen“. Oral History ist eine Methode der Geschichtswissenschaft. Dabei wird das Sprechenlassen von Zeitzeugen in den Fokus gerückt. Geschichte soll somit begreifbarer gemacht werden.
Für Dr. Jens Murken steht fest: „Zeitzeugeninterviews sind ein zeitlich befristetes Beziehungsangebot, das aber auch besondere Vorbereitung und Gesprächsführung benötigt.“Er betonte in seinem Vortrag die Bedeutung klarer Absprachen zur Veröffentlichung, die Notwendigkeit des aufmerksamen Zuhörens sowie den Umgang mit sensiblen biografischen Themen. Auch organisatorische Fragen – wie etwa die Suche nach Zeitzeugen oder das Führen eines Forschungstagebuchs – wurden von dem Wissenschaftler beleuchtet. Im Anschluss konnte auch das Publikum noch Fragen stellen.

BU Geschichtswerkstatt: Dr. Lotte Heller ist eine Teilnehmerin des Projektes „Meine Kindheit und Jugend in Gütersloh – Zeitzeug*innen erzählen“. Foto: Stadt Gütersloh
Dann stellte Julia Kuklik ein Zeitzeugen-Projekt vor. Für „Meine Kindheit und Jugend in Gütersloh“ sind 23 Zeitzeugen interviewt worden. So entstanden rund zwölf Stunden Video- und Tonmaterial, das gemeinsam mit dem Fachbereich Kultur und Dr. Franz Jungbluth(Vorsitzender des Heimatvereins Gütersloh) aufbereitet wurde. Zwei thematische Filmbeiträge – mit Schwerpunkten auf Kriegserfahrungen und Alltagsgeschichte – sind über das Kulturportal zugänglich. Die Filme feierten bereits im ausverkauften Bambi-Kino Premiere. Eine begleitende Broschüre gibt es online über das Kulturportal Gütersloh und in gedruckter Form.
Im Anschluss folgte ein kurzer Rückblick auf das Historische Forum „Gütersloh im Nationalsozialismus“, das den Status Quo der Forschung besprach. Dank neuer Quellen im Stadtarchiv – vor allem von Vereinen, Unternehmen und Nachlässen – und der fortschreitenden Digitalisierung des Landesarchivs kann hoffentlich unkompliziert weiter geforscht werden.
Offene Fragen gäbe es noch genug, beispielsweise in Bezug auf die Täterbiografien. NS-Forschung in Gütersloh besteht bisher aus vielen engagierten Einzelprojekten – von Schulensowie Bürgerinnen und Bürgern, auch aus der Wissenschaft. Das Forum warf die Frage auf, ob „das große Buch zur NS-Geschichte“ in Gütersloh fehlt. Alle Vorträge werden demnächst über den Heimatverein auf www.stadtmuseum-guetersloh.de veröffentlicht.
Ein weiterer Schwerpunkt des Abends lag auf dem Thema Künstliche Intelligenz in der Heimatforschung. Wolfgang Hein berichtete über seine Praxiserfahrungen mit verschiedenen Anwendungen wie Transkribus und SoundType. „KI-Tools wie ChatGPT könnten beim Einstieg in neue Themen unterstützen, sollten jedoch nicht zur Erstellung fertiger Texte genutzt werden“, betont Hein. Und weiter: „Wichtig ist hier die kritische Prüfung.“
Zudem präsentierte die Moderatorin des Abends Lilian Wohnhas vom Fachbereich Kulturdas neue Mitmachheft „Kulturi & Kulturella entdecken die Stadtgeschichte“, das für Grundschulkinder konzipierte kostenlose Heft. Es vermittelt Stadtgeschichte spielerisch über Rätsel, Suchbilder und kreative Aufgaben und ist in der Stadthalle, direkt beim Fachbereich Kultur sowie zu den üblichen Öffnungszeiten bei Gütersloh Marketing erhältlich.



