Gütersloh/Rheda-Wiedenbrück. Immer wieder montags ist Atemstillstand in der Feuerwehrschule in St. Vit – übungsweise. Dann kommt Rettungsdienstfachpersonal zu einer Fortbildung zusammen – 20 Mal im Jahr. Geübt wird neben diversen Fähigkeiten vor allem die Interaktion im Team bei der Atemwegssicherung und Notfallnarkose.
Beispielhafte Szenarien: Ein Mann kollabiert mit starken Schmerzen in einem Fitnesscenter. Sein massiver akuter Herzinfarkt und das beginnende Kreislaufversagen verlangen eine Notfallnarkose. Eine Frau ist schwerverletzt in einem verunfallten Pkw eingeklemmt – sie muss betäubt werden. Ein häuslicher Notruf geht ein: ein Senior befindet sich im septischen Schock, wodurch seine eigene Atmung nicht mehr ausreicht. Für all diese Fallbeispiele gilt, dass die Patienten noch wach sind, aber ein künstliches Koma benötigen, um maschinell beatmet zu werden. Draußen. Nicht im OP. Nicht im Krankenhaus. Sondern im Rettungswagen.
Notfallsanitäter müssen üben. Das Rettungsgesetz NRW verpflichtet das Rettungsdienstpersonal zu einer jährlichen mindestens 30-stündigen fachbezogenen Fortbildung. Hierbei handelt es sich um eine Holschuld. Das heißt, das Personal muss sich (eigentlich) um die Fortbildung kümmern. Der Kreis Gütersloh als Träger des Rettungsdienstes und gleichsam Arbeitgeber des Rettungsfachpersonals legt jedoch Wert darauf, dass die Mitarbeitenden ganz bestimmte Fortbildungen besuchen.
Ständiges Training ist Pflicht
Darum wird durch die Leitung des Rettungsdienstes zusammen mit der Rettungsdienstschule am Studieninstitut Westfalen-Lippe die Fortbildung erarbeitet und vorgegeben. Alle Bediensteten haben an dieser zentralen Veranstaltung teilzunehmen, sie gilt als Arbeitszeit. Dies gilt für den gesamten Rettungsdienstbereich Kreis Gütersloh, also auch für die Bediensteten der Berufsfeuerwehr Gütersloh und die von der Stadt beauftragte Hilfsorganisation Malteser Hilfsdienst.
Als diesjährigen thematischen Schwerpunkt sieht der Ärztliche Leiter Rettungsdienst das Atemwegsmanagement und die Notfallnarkose. Dr. Bernd Strickmann erklärt: „Diese Maßnahmen stellen absolut lebensrettend Kernkompetenzen dar. Sie müssen daher von jedem in der Notfallmedizin Tätigen auf einer professionellen Basis sicher angewendet werden können. Das reine Beherrschen einer einzelnen Fertigkeit beweist jedoch noch nicht, dass diese auch unter schwierigen Bedingungen in einem möglicherweise unbekannten Team immer gelingt. In unserer Fortbildung vermitteln wir neben diversen Fertigkeiten vor allem die Interaktion und Teamarbeit bei der Atemwegssicherung und Notfallnarkose.“
Auch Ärzte müssen üben.
In Nordrhein-Westfalen besteht auch für notärztliches Personal eine notfallmedizinische Fortbildungspflicht. Der aktuelle Fortbildungserlass des Landes fordert die Verantwortlichen im Rettungsdienst dazu auf, berufsübergreifende Fortbildungen durchzuführen, damit Training im Team möglich ist. Der Kreis Gütersloh kommt dieser Forderung nach, indem an jedem der genannten Tage zwei Plätze für Ärztinnen oder Ärzte freigehalten werden. So entsteht für vierzig Ärzte diese Gelegenheit. Strickmann weiß: „Für die Hauptamtlichen ist das Pflicht, doch auch aus dem Kreis der freiwilligen Ärzte des Notarztpools sowie der beauftragten Krankenhäuser lassen sich viele dieses Angebot nicht entgehen.“
Neue Technik auf dem Rettungsfahrzeug
Die intensive Beschäftigung mit dem Thema hat auch für die erhebliche Verbesserung der Ausstattung auf den Fahrzeugen geführt: Über ein neues Videolaryngoskop freuen sich die Notfallsanitäter/-innen. Mit dem Gerät beleuchtet man den Rachen und kann im Display den Eingang zur Luftröhre sehen und ihn von der Speiseröhre unterscheiden. So wird das Intubieren (Einführen eines Beatmungsschlauches in die Luftröhre zwecks künstlicher Beatmung) nachweislich erfolgreicher. Im Kreis Gütersloh werden jetzt nicht nur die Notarztfahrzeuge, sondern auch alle Rettungswagen mit dieser Technik ausgestattet.