Gütersloh (hsbi). Um 7.30 Uhr klingelt Kanav Guptas Wecker. Doch in den vergangenen zwei Monaten wachte er nicht in seinem Zuhause in Arizona in den USA auf, sondern in seinem WG-Zimmer in Gütersloh. Gupta studiert Informatik im 6. Semester an der Arizona State University. Im Rahmen des RISE-Stipendiums des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD) machte er ein Forschungspraktikum an der HSBI. Seinen Arbeitsalltag verbrachte er in der IoT-Factory. IoT steht für das „Internet of Things“, das Sensoren, Software und andere Technologien verbindet. In der IoT-Factory können Informatikstudierende praxisnah forschen.
RISE steht für „Research Internships in Science and Engineering“. Das Programm bietet Studierenden von Hochschulen in Nord-Amerika, England und Irland die Möglichkeit, in den Sommermonaten Forschungspraktika an Hochschulen und Forschungseinrichtungen weltweit zu absolvieren. Das Praktikum dauert zwischen sechs Wochen und drei Monaten und ist möglich von Juni bis Oktober. Das Stipendium richtet sich an vollimmatrikulierte Bachelorstudierende aus den Natur- und Ingenieurwissenschaften sowie Informatik-, Medizin- und Pharmaziestudierende.
HSBI bietet praktische Forschungsmöglichkeiten an
Mit Forschung kam Kanav Gupta das erste Mal in Kontakt kurz bevor er im Frühjahr dieses Jahres nach Gütersloh gekommen war. In Arizona war er Teil einer kleinen Forschungsgruppe, die sich mit theoretischen Fragestellungen in der Informatik befasst hat. „Ganz anders als das Forschungsprojekt an der HSBI. „Hier muss ich in der Praxis richtig ran“, sagt Gupta mit einem Augenzwinkern. „Aber genau das gefällt mir so gut an dem Stipendium und der HSBI. Ich kann hier mit qualitativ hochwertigen Technologien arbeiten und viel lernen.“ Zusammen mit seinem Mentor und Laboringenieur Roman Sliwinski hat er aktiv mit an einem Code geschrieben, um Optimierungen für den Alltagsbetrieb der IoT-Factory am Campus Gütersloh vorzunehmen. „Das Schöne an praktischer Arbeit ist: Du siehst sofort das Resultat. Natürlich ist Theorie auch wichtig, aber die Verbindung von Theorie und Praxis ist das, was wir später in der Berufswelt brauchen“, sagt Gupta.
Während der zwei Monate hat Gupta sich mit der automatischen Detektion von Inhalten in Materialkisten über einen RaspberryPi, also einen Einplatinencomputer, beschäftigt. Er hat sich dabei um die Erstellung und die Montage eigener 3D-Modelle gekümmert. Auch bei der Implementierung und dem Anschluss an die Datenbank des Produktionssystems war er beteiligt. Ein zweites Projekt war das Erstellen einer Software zur automatischen Lokalisierung von mobilen Robotern. „Bisher musste den Robotern manuell ihre initiale Position eingegeben werden, das geht nun vollautomatisch“, erklärt Roman Sliwinski.
„In Deutschland herrscht eine gute Work-Life-Balance“
Freunde hat Kanav Gupta auch gefunden. Seine beiden WG-Mitbewohner waren eine große Hilfe für ihn. Er selbst spricht kein Deutsch und war zuvor nie in Deutschland. Doch mit Hilfe seiner Kolleg:innen und Mitbewohner war auch das kein Problem. Und auch nach Feierabend ging es oft mit den neugewonnenen Freund:innen auf den Tennisplatz oder auf Erkundungstour durch Gütersloh. Mit seinen beiden Mitbewohnern hat er oft an den Abenden gemeinsam gekocht. „Die Atmosphäre hier ist sehr entspannt. Und auch an die täglichen Routinen gewöhnt man sich schnell“, sagt der Student.
Kulturelle Unterschiede hat der 19-Jährige in den zwei Monaten auch bemerkt. „Ich musste mich erst mal daran gewöhnen, wie direkt die Menschen hier sind. Das ist in den USA nicht so“, sagt Gupta. Positiv findet er vor allem die „Work-Life-Balance“ in Deutschland. Während in den USA gefühlt jeder rund um die Uhr arbeitet, sei das in Deutschland anders. „Hier hat man früher Feierabend, es gibt mehr Urlaubstage und Sonntage sind ruhige Tage, an denen viele Geschäfte gar nicht geöffnet haben.“ Bei den Unterschieden, was das Essen betrifft, konnte er ein Klischee ganz klar bestätigen: Die Deutschen essen gerne Brot, zum Frühstück oder auch zum Abendessen. „Aber genau das ist hier auch so toll. Es gibt viele Bäckereien, die frische und leckere Brötchen verkaufen.“ Bei einer guten Wurst oder einem Schnitzel und einem Bier hat Gupta aber auch nicht Nein gesagt. Irgendwelche Überraschungen? „Ja. Es hat mich sehr überrascht, dass Döner so beliebt in Deutschland sind“, sagt Kanav Gupta und lacht.
Am Campus Gütersloh war neben Roman Sliwinski auch Prof. Dr. Pascal Reusch als Laborverantwortlicher ein wichtiger Ansprechpartner für Gupta. Beide standen ihm jederzeit für Fragen zur Verfügung. Sliwinski und Prof. Reusch sind beide sehr angetan vom RISE-Forschungsstipendium. „Es gibt Studierenden eine gute Möglichkeit, andere Länder, Forschungsinstitute und Labore kennenzulernen“, sagt Prof. Reusch. Sliwinski fand die Zusammenarbeit mit Gupta sehr wertvoll. „Ich habe ihn regelmäßig mit Domänenwissen, Debugging-Sessions und gemeinsamen Brainstormings unterstützt. Die Zusammenarbeit war wirklich gut, insbesondere wenn man bedenkt, wie jung er noch ist.“ Er bleibt weiterhin mit dem 19-Jährigen in Kontakt und kann sich jederzeit melden, falls er noch Rückfragen zu Guptas Arbeiten hat.
Gupta würde das RISE-Stipendium jederzeit weiterempfehlen. Er selbst hat durch eine Kommilitonin davon erfahren, die im Jahr zuvor ein Stipendium bekommen hatte. „Es war eine tolle Erfahrung. Hier am Campus arbeiten leidenschaftliche Forscher, von denen ich viel lernen konnte. Alle haben mich von Tag eins an unterstützt.“