Espelkamp. „Wer in der Zukunft lesen will, muss in der Vergangenheit blättern“, sagt Sascha Wömpener, Leiter des Deutschen Automatenmuseums auf Schloss Benkhausen, und zitiert den französischen Schriftsteller André Malraux. Wenn Wömpener den Blick über die rund 200 Exponate schweifen lässt, sieht er in den historischen Münzautomaten die Vorläufer aktueller Entwicklungen. Mussten die Menschen in den 50er-Jahren noch einen Groschen in die Jukebox werfen, um ihr Lieblingslied zu hören, stellen sich die Jugendlichen heute ihre Playlists auf Spotify zusammen. „Damit ist die Jukebox einer der Vorfahren von Spotify“, findet der Museumsleiter. Auch wegen solcher Bezüge strömen jedes Jahr rund 10.000 Menschen in das Automatenmuseum, das im Oktober sein zehnjähriges Jubiläum feiert. Im Herbst 2013 fand die erste offizielle Führung statt.
Musik als Schlüsselelement von Demenzführungen
Anlässlich des Geburtstages werden im Oktober und November besondere Aktionen stattfinden. Diese reichen vom Tanztee über eine Ferien-Werkstatt bis zu einer Führung über die Feinheiten des Restaurierens. „Mittlerweile konnten wir rund 100.000 Gäste begrüßen“, berichtet Sascha Wömpener. Kegelvereine, Schulklassen oder Sportvereine waren genauso darunter wie Geschäftskunden der Gauselmann Gruppe aus Südamerika. Etwa 70 Prozent der historisch Interessierten waren im Rahmen von Gruppenführungen zu Gast, 30 Prozent erschlossen sich die Exponate über einen individuellen Rundgang. Sie alle waren fasziniert von der Vielfalt, die vom Schokoladenverkäufer über den Wahrsageautomaten und einarmigen Banditen bis zu Flippern oder pneumatischen Klavieren reicht. Ein Highlight ist die mannsgroße Roboterband des belgischen Unternehmens Decap. „Es ist der einzige Automat, der seit zehn Jahren jeden Tag gespielt wird“, berichtet Wömpener. Regelmäßig kommt zum Beispiel eine ältere Dame vorbei, um sich die Lieder der metallischen Musiker anzuhören.
Dass die Musik der Automaten das Publikum berührt, kann auch bei den speziell entwickelten Führungen für Menschen mit Demenz beobachtet werden. „Bei diesen Veranstaltungen passieren oft überraschende Dinge“, schildert Museumsmitarbeiterin Heike Bohbrink. Man könne zwar nicht genau sagen, was Menschen mit Demenz emotional anspricht – oft seien es aber Lieder, die Erinnerungen aus der Jugend wecken. Da könne es auch schon mal passieren, dass eine ganze Besuchergruppe plötzlich „Wo meine Sonne scheint“ von Caterina Valente trällert. Auch zu einem Tanz ist Heike Bohbrink schon einmal aufgefordert worden.
Auch über künstliche Intelligenz wird nachgedacht
Aber es ist nicht allein die Erinnerungskomponente, die Gäste ins Museum zieht. Auch durch die Präsenz auf Instagram oder Tiktok werden immer wieder Menschen auf die historischen Schätze aufmerksam. Schon jetzt ermöglichen QR-Codes an den Exponaten hybride Führungen. Doch das soll noch nicht alles sein: Das Einbinden von künstlicher Intelligenz oder Augmented Reality wird von Sascha Wömpener bereits in den Blick genommen. „Warum soll jemand nicht mithilfe einer VR-Brille in die 1920er-Jahre von Leipzig reisen und erleben, welchen Stellenwert Automaten damals hatten?“, fragt der Museumsleiter. Das Thema wird die Verantwortlichen in den nächsten zehn Jahren beschäftigen.
10 Jahre – 10 Aktionen: Das Programm
Ab sofort: Digitale Führung (für Gäste mit dem eigenen Smartphone, in der Ausstellung kostenlos)
- bis 15. Oktober: Herbstferien-Rallye (für alle Schüler unter 16 Jahren kostenlos)
- Oktober, 14 Uhr: Tanztee am Sonntag (Standardtänze zur Musikbox mit Tanzlehrerin Corinna Kopp, 18 Euro pro Person, Anmeldung erforderlich)
- Oktober, 9 bis 12 Uhr: Ferien-Werkstatt – baue mit uns einen „Charlie Chip“ (Kids von 9 bis 15 Jahren, 10 Euro pro Kind, Anmeldung erforderlich)
- Oktober, 15 Uhr: Der Ton macht die Musik – wie klingen Jukebox, Flipper und Co.? (Führung, acht Euro pro Person, Anmeldung erforderlich)
- Oktober, 18 Uhr: Die automatische Revolution – vom Weihwasser- bis zum Schokoladenverkauf (Vortrag, acht Euro pro Person, Anmeldung erforderlich)
- Oktober, 15 Uhr: Wo findet man denn so was? Zoom-Führung zur Herkunft der Exponate mit Museumsleiter Sascha Wömpener (kostenlos und ohne Anmeldung)
- November, 10 bis 14 Uhr: Zurück in die Zukunft der Merkur-Geschichte – Die Gauselmann Gruppe damals und heute (Werksführung, Mittagssnack, Museumsführung mit Blick auf die Gauselmann-Historie, 20,50 Euro pro Person, Anmeldung erforderlich)
- November, 15 Uhr: Warum eigentlich „Gruß und Kuß“? (Kuratorinnenführung, acht Euro pro Person, Anmeldung erforderlich)
- November, 14 Uhr: Die Technik der berühmtesten Musikbox der Welt – Die Wurzlitzer 1015 (Restaurierungsführung, acht Euro pro Person, Anmeldung erforderlich)
Anmeldungen nimmt das Automatenmuseum unter (05743) 93 18 222 sowie per E-Mail an info@deutsches-automatenmuseum.de entgegen.