Gütersloh. Carlo ist ein echter Charmeur. Mit seinem Lächeln wickelt er alle Frauen um den Finger. Und dabei ist er gerade mal sechs Monate alt. Tiefenentspannt lässt er sich wiegen und messen und beobachtet aufmerksam seine Mutter Leonie Ohlbrock, die sich in der Hebammensprechstunde bei Pro Familia beraten lässt. Die Bürgerstiftung Gütersloh fördert dieses Projekt mit 5000 Euro.
Besuch in der Hebammensprechstunde von Pro Familia: (hinten, v. l.) Katrin Meyer, Vorstandsvorsitzende der Bürgerstiftung Gütersloh, Beratungsstellenleiterin Almuth Duensing und Annette Kornblum, Vorsitzende des Fördervereins; (vorn. v. l.) Leonie Ohlbrock mit Sohn Carlo und Hebamme Susanne Wolf-Saupe.
Gestartet ist es vor einem Jahr. Passend zum Internationalen Hebammentag am 5. Mai 2023 hatte der Förderverein der Gütersloher Beratungsstelle die Sprechstunde als kostenloses Angebot in den Pro Familia-Räumlichkeiten an der Roonstraße 2 eingerichtet, berichtet dessen Vorsitzende Annette Kornblum. Die Anschubfinanzierung für ein Jahr übernahm das Land im Rahmen des Stärkungspakts NRW. Besonders Frauen mit Zuwanderungsgeschichte und solche, die keinen Zugang zur gesetzlichen Krankenversicherung haben, sollten sich von dem offenen Angebot angesprochen fühlen. Mittlerweile wird es aber auch von vielen anderen Frauen genutzt.
Kein Wunder, ist der Bedarf an Hebammen doch groß. „Schwangere müssen sich schon sehr frühzeitig darum kümmern, um überhaupt eine Hebamme zu finden. Das ist wie ein Sechser im Lotto“, sagt Beratungsstellenleiterin Almuth Duensing. Denn die Zahl der Hebammen ist nicht nur im Kreis Gütersloh durch schwierige Arbeitsbedingungen, unzureichende Bezahlung und hohe Versicherungsleistungen stark gesunken. Da nutzt es wenig, dass die Krankenkassen die üblichen Leistungen wie Schwangerenvorsorge und Wochenbettbetreuung bezahlen, wenn es nicht genug Fachkräfte gibt. „Weil die Hebammensprechstunde dieses Manko auffängt, weil jede Schwangere hier im vertrauensvollen Gespräch fachlich versierte Hilfe finden kann, unterstützt die Bürgerstiftung das Projekt“, erklärt deren Vorstandsvorsitzende Katrin Meyer.
Die Sprechstunde findet alle zwei Wochen freitags vormittags und nur nach vorheriger telefonischer Terminvereinbarung statt. Abwechselnd stehen – als nebenberuflich tätige Honorarkräfte – die erfahrenen Hebammen Lina Jakobsmeier und Susanne Wolf-Saupe für alle Fragen rund um die Schwangerschaft und Geburt, zur Vorsorge, zum Wochenbett, zur Säuglingsernährung, aber auch zur Still-, Trage- oder Schlafberatung zur Verfügung. Sie bieten darüber hinaus entspannende Akupunktur an und nutzen bei Bedarf das Pro-Familia-Netzwerk, um beispielsweise zusammen mit einer Ärztin multiprofessionelle Beratung zu garantieren. Zudem gibt es Infoveranstaltungen und Kurse, in denen selbst werdenden Vätern die Nervosität vor dem Kreißsaal genommen wird.
Carlo und seine Mutter Leonie sind sehr zufriedene Sprechstundenbesucher. Beide genießen ganz offensichtlich die vertrauensvolle Atmosphäre, die Susanne Wolf-Saupe beim Gespräch und im Umgang mit den beiden schafft. „Hebammen sind eben Enthusiasten und Idealisten“, sagt sie. Termine können unter 05241/20450 vereinbart werden.
