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Bielefelder Biotechnologen entschlüsseln Q10-Biosynthese

CeBiTec-Forschende mit Studie im Fachmagazin Molecular Cell

Das Coenzym Q10 ist für den menschlichen Stoffwechsel essenziell. Es ist mit Vitaminen ver-wandt – muss aber von gesunden Menschen nicht über die Nahrung aufgenommen werden, sondern wird vom Körper selbst produziert. Wie das Coenzym gebildet wird, war bisher nur für Bakterien bekannt. Für andere Zellen, zum Beispiel von Menschen oder Pflanzen, fehlte ein ent-scheidender Schritt. Wissenschaftlern des Centrums für Biotechnologie (CeBiTec) der Universi-tät Bielefeld ist es gelungen, diese Lücke zu schließen: Sie konnten zeigen, welche Rolle das En-zym COQ4 bei der Herstellung von Q10 spielt. Ihre Ergebnisse haben sie im Fachmagazin Molecular Cell veröffentlicht. Die Studie ist in Kooperation mit Forschenden aus Grenoble (Frankreich), Padua (Italien), Madison (USA), St. Louis (USA) und Sevilla (Spanien) entstanden.

Prof. Dr. Volker F. Wendisch erforscht, welche Rolle das En-zym COQ4 bei der Q10-Produktion spielt. Foto: CeBiTec/Susanne Freitag

Q10 erfüllt eine zentrale Funktion für die Zellatmung, vor allem in Organen mit einem hohen Energiebedarf wie Herz, Leber oder Gehirn. In seltenen Fällen führen genetische Defekte dazu, dass Menschen nicht ausreichend viel Q10 produzieren können – mit schweren Krankheitsbildern als Folge. „Unsere Forschung ist wichtig, um die körpereigene Q10-Produktion besser zu verste-hen, und damit auch Ursachen für einen Q10-Mangel“, sagt Professor Dr. Volker F. Wendisch von der Universität Bielefeld. Er leitet die Arbeitsgruppe „Genetik der Prokaryoten“ am CeBiTec und an der Fakultät für Biologie.

Das Coenzym Q kommt in verschiedenen Ausprägungen in fast allen Lebewesen vor, bei Men-schen überwiegt Q10. In der Zelle wird es in mehreren Schritten gebildet, an denen jeweils un-terschiedliche Enzyme beteiligt sind. Wendisch und sein Bielefelder Kollege Dr. Arthur Burgardt konnten in Zusammenarbeit mit internationalen Forscher*innen die Funktion eines dieser En-zyme entschlüsseln. Sie zeigen, dass das Enzym COQ4 gleich zwei chemische Reaktionen ermög-licht: eine Decarboxylierung, bei der Kohlenstoffdioxid abgespalten wird, und eine Hydroxylie-rung, bei der Sauerstoff und Wasserstoff eingeführt werden. „Damit kennen wir alle Schritte der Q-Produktion bei Eukaryoten wie Menschen, Tieren oder Pflanzen“, sagt Wendisch.

Wissenschaftler bauen Produktionspfad vollständig neu auf Wendisch und Burgardt haben gezielt genetische Veränderungen in das Bakterium Corynebac-terium glutamicum eingeführt, um den fehlenden Schritt der Q10-Produktion zu identifizieren. Corynebacterium glutamicum stellt natürlicherweise kein Q10 her. In seiner Doktorarbeit am CeBiTec der Universität Bielefeld konnte Burgardt jedoch zeigen, dass sich der Produktionspfad von Q10 in Corynebacterium glutamicum künstlich aufbauen lässt. „Weil das modifizierte Bak-terium schrittweise bis zum Endprodukt führt, ist es besonders gut geeignet, fehlende Verbin-dungen bei anderen Lebewesen zu untersuchen“, sagt Burgardt. „Wir haben zunächst die schon bekannten Schritte der Q10-Produktion nachgebaut und das Bakterium dann so verändert, dass es das Enzym COQ4 ausbildet. Dadurch weisen wir nach, dass COQ4 für genau den Schritt ver-antwortlich ist, den man bisher nicht kannte.“

Dr. Arthur Burgardt konnte den Q10-Pro-duktionspfad in Corynebacterium gluta-micum aufbauen. Foto: Arthur Burgardt

Die Experimente der Bielefelder Forscher mit Corynebacterium glutamicum liefern einen wichti-gen Beitrag zu der Studie, die nun in Molecular Cell erschienen ist. In Untersuchungen mit ande-ren biologischen Organismen haben die beteiligten Wissenschaftler*innen gezeigt, dass die Q10-Produktion gestört ist, wenn das Enzym COQ4 fehlt oder manipuliert wird. „Das sind wich-tige Hinweise auf die Funktion von COQ4. Ausschließlich auf Basis solcher Experimente wissen wir allerdings nicht, was COQ4 genau macht – es könnte zum Beispiel sein, dass es Wechselwir-kungen mit anderen Enzymen gibt. Im Gegensatz dazu liefert Corynebacterium glutamicum ein sauberes System: Weil das Bakterium natürlicherweise kein Q10 produziert, treten keine Stör-faktoren auf“, sagt Wendisch.

Arbeit zu Q10 vereint unterschiedliche Forschungsinteressen Wendisch und Burgardt arbeiten seit mehreren Jahren zu Q10 – unter anderem in Kooperation mit Wissenschaftler*innen der Kyungsung Universität in Busan (Südkorea) und der Universität Grenoble (Frankreich). Aus der Zusammenarbeit mit dem französischen Forschungsteam ent-stand schließlich die aktuelle Studie. „Die Studie vereint unterschiedliche Interessen unserer Ar-beitsgruppe am CeBiTec. Wir versuchen etwa zu verstehen, wie Stoffwechselvorgänge in der Zelle ablaufen und welche Rolle Enzyme dabei spielen. Zudem forschen wir schon lange an bio-technologischen Prozessen mit Corynebacterium glutamicum”, sagt Wendisch. In Zukunft wol-len er und sein Team biotechnologische Methoden nutzen, um die zelluläre Q10-Produktion noch weiter zu verbessern.

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