Rietberg-Mastholte. Wie sage ich meinem Kind, dass ein naher Angehöriger verstorben ist? Darf das Kind den Toten noch einmal sehen? Sollte es bei der Beerdigung dabei sein? Dürfen Kinder oder Jugendliche wissen, dass der Papa sich umgebracht hat? Die Diplom-Sozialpädagogin Elke Peters hat Antworten auf diese und ähnlich schwierige Fragen. Auf Einladung der Stadt Rietberg und des Bestattungsunternehmens Herbort war die Expertin jetzt zu einem Informationsabend in der Friedhofskapelle Mastholte zu Gast.
Wenn es um das Sterben geht, seien meistens nicht Kinder und Jugendliche das Problem, sondern eher die Erwachsenen, berichtete Elke Peters. Sie arbeitet unter anderem im Löwenzahn in Hannover, ein Trauerzentrum für Kinder und Jugendliche, und bringt entsprechende Erfahrung aus der Praxis mit. „Wahrheit und Klarheit sind sehr wichtig. Sie tun den Kindern keinen Gefallen, wenn Sie nicht offen mit ihnen umgehen.“ Im Gegenteil: Kinder spürten sehr genau, was los ist. Wenn Erwachsene aus falsch verstandener Rücksicht nicht sagten, was passiert sei, mache das die Situation für Kinder und Jugendliche noch schlimmer. Elke Peters berichtete aus ihrem Arbeitsalltag im Löwenzahn von einem Jungen, dem der Suizid der Mutter verheimlicht worden war: „Er wurde plötzlich verhaltensauffällig, prügelte sich in der Schule, war sehr wütend und aggressiv.“ Nachdem er erfahren hatte, was mit seiner Mutter geschehen ist, seien diese Auffälligkeiten wieder verschwunden. „Natürlich trauert er um seine Mutter. Aber dieser Prozess ist gut, er ist wichtig und er stellt eine gesunde Reaktion dar.“ Ein rasant wechselnder Mix aus unterschiedlichen Gefühlslagen sei typisch für die Zeit der Trauer. Aber auch das Bestreben, einen normalen Alltag wiederherzustellen, gehöre dazu.
Unbedingt nötig sei es, schilderte Elke Peters, den Kindern und Jugendlichen die Chance zu geben, zu begreifen, was passiert ist. Auch besonders heikle Themen wie einen Suizid könne man ansprechen. Ihr Tipp: „Sagen Sie den Kindern, dass die Seele des Verstorbenen so krank war, dass er damit nicht mehr leben konnte.“ Sie empfiehlt grundsätzlich, Kinder und Jugendliche zur Beerdigung mitzunehmen. Auch den toten Angehörigen sollten sie noch einmal sehen können, wenn sie das wollen. „Lassen Sie das Kind selbst entscheiden. Und wenn es den Toten sehen möchte, erklären Sie, dass der Verstorbene nicht mehr so aussieht wie zu Lebzeiten, weil die Seele nicht mehr da ist.“ Wenn die Eltern selbst mit ihrer eigenen Trauer beschäftigt und belastet seien, sei es sinnvoll, sich Hilfe zu organisieren. Alle Trauernden – ob jung oder älter – müssten zwischendurch auch abschalten. Einen Ausflug machen, zum Sport gehen oder etwas anderes unternehmen, könne wohltuend sein. Der Trauer Raum zu geben, sei wichtig. Aber für schöne Dinge müsse ebenfalls Platz sein.
Viele Fragen und Berichte aus eigener Erfahrung aus dem Publikum zeigten an diesem Abend, dass es viel Beratungsbedarf gibt. Ursula Goebel, Inhaberin des Bestattungshauses Herbort, betonte, dass auch ihre Erfahrung zeige, dass Kinder und junge Menschen vor allem dann den Tod begreifen würden, wenn Eltern ihnen erlauben, Teil des Trauerprozesses zu sein. Einen Sarg oder eine Urne zu bemalen – das sei ein möglicher Weg, sich dem Thema etwas spielerischer zu nähern. Heike Bennink, Leiterin der Abteilung Öffentliches Grün bei der Stadt Rietberg und als solche für die Friedhöfe zuständig, freute sich über die gute Resonanz auf den Vortrag und sagte: „Wir als Stadt sind Trägerin der Friedhöfe und begrüßen es ausdrücklich, wenn Tod und Trauer ein stückweit selbstverständlicher werden. Unsere Friedhöfe sind nicht nur Orte der Trauer, sondern auch der Begegnung. Dort ist jeder willkommen.“