Am 21. September ist Welt-Alzheimertag unter dem Motto: Demenz – Gemeinsam.Mutig.Leben. Es erinnert daran, dass den Herausforderungen, die die Erkrankung mit sich bringen, gemeinsam begegnet werden muss. Und das am besten gemeinsam als Familie, im Freundeskreis, als Gesellschaft. Eine Demenzerkrankung verändert das Leben. Das gilt insbesondere für die Betroffenen, aber auch für ihr Umfeld. Nach aktuellen Ergebnissen des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO) lebten im Jahr 2022 im Kreis Gütersloh rund 6.800 Menschen mit dieser Erkrankung. Betroffen sind am häufigsten über 75- Jährige und tendenziell mehr Frauen als Männer. Wer als Angehöriger oder auch als professionelle Pflegefachkraft die Betreuung eines an Demenz erkrankten Menschen übernimmt, benötigt viel Kraft und Geduld. Wenn Demenzkranke aggressiv und laut oder gar handgreiflich werden, wird das auch als herausforderndes Verhalten bezeichnet. Das bringt nicht nur pflegende Angehörige, sondern auch beruflich Pflegende bisweilen an die Grenzen. Hier gilt es, Verständnis und Einfühlungsvermögen zu zeigen. „Es ist hilfreich, sich immer wieder bewusst zu machen, dass dieses Verhalten nicht persönlich gemeint ist, sondern Symptom einer Erkrankung“, sagt AOK-Serviceregionsleiter Matthias Wehmhöner.
Herausforderndes Verhalten von an Demenz erkrankten Menschen sind Versuche der Erkrankten, sich mitzuteilen. Dies kann oft nur durch Schreien, Beschimpfen, Schlagen oder das Werfen von Gegenständen geschehen. Wenn versucht wird, die Perspektive der dementen Person einzunehmen, stellt sich das zunächst als ‘störend’ empfundene Verhalten oft als unverstandenes Verhalten heraus. Ängste, Überforderung, Missverständnisse oder auch unbewältigte Lebensthemen können hinter aggressivem Verhalten stecken. Eine störende Lärmkulisse, die fehlende Brille oder die Veränderungen in der Alltagsroutine können für die Betroffenen bedrohlich sein. Natürlich führen auch die krankheitsbedingten Veränderungen bei Menschen mit Demenz zu Frust und nicht selten zu Verbitterung. Studien legen nahe, dass andere Maßnahmen als Medikamente – wie zum Beispiel Aktivitäten im Freien, Berührungs- oder Massagetherapien sowie Musik, wirksamer sind als eine pharmakologische Therapie. Wenn Medikamente eingesetzt werden, dann sollten sie in der geringstmöglichen Dosis über einen möglichst kurzen Zeitraum und unter engmaschiger Kontrolle verabreicht werden.
Was können Pflegefachkräfte oder Angehörige tun, um möglichst entspannt mit den täglichen Herausforderungen umzugehen? Eine Empfehlung lautet: Validieren. “Validation ist mehr eine Grundhaltung als eine Technik. Sie basiert auf Empathie, Bestätigung und Wertschätzung im Umgang miteinander”, erklärt Wehmhöner. Es ist der Versuch, in die innere Welt des oder der Demenzkranken einzutauchen und Kontakt zu den Gefühlen aufzunehmen.
Die Pflegekraft oder die Pflegeperson zuhause kann auf die Ängste aktiv eingehen und zum Beispiel nachfragen, warum die fehlende Brille gerade jetzt so wichtig, die vermeintlich kleine Veränderung so bedrohlich ist oder das Bisherige so gut war. Durch so ein identitätsstiftendes Gespräch kann ein echter Kontakt zur oder zum Pflegebedürftigen entstehen, der den erlebten Stress lindert. Auf keinen Fall sollte die oder der Erkrankte darauf hingewiesen werden, dass die Vorstellungswelt nicht der Realität entspricht. “Auch für die Pflegenden ist es entspannter, sich in die Situation einzufühlen, als zu korrigieren oder zu versuchen, das Verhalten zu unterbinden”, so Wehmhöner. So lässt es sich einfacher mutig gemeinsam leben.
Für pflegende Angehörige bietet die AOK NordWest spezielle Pflegekurse auch online an. Unter www.aok.de/nw/onlinepflegekurs findet sich ein Kursangebot im Chat explizit für die Pflege Demenzerkrankter ‚Dement oder nur vergesslich‘. Außerdem kann das Online-Selbsthilfeprogramm ‚Familiencoach Pflege‘ dabei helfen, die eigene Psyche zu stärken und sich vor Überlastung zu schützen.