Das Jahr 2023 hatte wieder mal so seine Herausforderungen: „Wir arbeiten mit und in der Natur, da spielt das Wetter immer eine besondere Rolle. Was uns in den zurückliegenden Jahren an Regen gefehlt hat, gab es in 2023 mehr als reichlich“, bilanziert der Vorsitzende des Landwirtschaftlichen Kreisverbandes Gütersloh, Andreas Westermeyer. Durchschnittlich falle in Ostwestfalen – Lippe (OWL) etwa 760 Liter Regen pro Quadratmeter. In diesem Jahr seien es deutlich über 1.200 Liter gewesen.
Was zunächst freut, da die Grundwasserreserven wieder aufgefüllt werden, was besonders den Wald guttut, brachte das für den Ackerbau so einige Schwierigkeiten mit sich und das vor allem bei der diesjährigen Ernte. Während die Gerste noch gut eingefahren werden konnte, machte der Regen bei den anderen Getreidearten oftmals ein Strich durch die Rechnung. Die so verzögerte Ernte, hatte auch einen großen Einfluss auf die Qualitäten des Getreides. „Bei uns in Deutschland liegen die Anforderungen der Qualitäten beispielsweise bei Brotgetreide sehr hoch“, so Westermeyer. „Gut, dass wir das aussortierte Getreide der verregneten Ernte aber noch an unsere Tiere verfüttern können und somit noch verwertet werden kann.“ Es hätte allerdings auch Bestände gegeben, die nur noch in einer Biogasanlage eingesetzt werden konnten. Auch das sei immer noch eine Verwertung, jedoch schon mit finanziellen Verlusten für den Landwirt. Bei Kartoffeln sei es so, sind die Ackerflächen schon wenige Tage mit Wasser überschwemmt, könne man von einem Totalausfall sprechen. Westermeyer: „Diese Kartoffeln lassen sich kaum noch lagern oder faulen sogar schon in der Erde, das ist dann ganz bitter.
Das Wetter das eine, politische Rahmenbedingungen das andere. Viele Vorgaben, die der Landwirtschaft gemacht würden, seien vielleicht gut gemeint, aber leider oft schlecht gemacht, beschreibt der Vorsitzende. Ein Beispiel: Es gibt eine Reihe sogenannter GLÖZ-Regelungen, übersetzt „Standards für den guten landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand der Flächen“.
Besonders GLÖZ 6 bereitet den Landwirten in 2023 Kopfzerbrechen. Hierbei werde die Mindestbodenbedeckung geregelt. Damit ist gemeint, dass die Flächen über den Wintermonaten bedeckt sein müssen. „Das ist auch richtig“, sagt Westermeyer. Aber schaue man sich diese Regel genauer an, werde es in einem Jahr wie 2023 nahezu unmöglich, das auf allen Flächen umzusetzen. Da heißt es unter anderem: Das Wintergetreide müsse bis zum 15. November eines Jahres ausgesät sein. Nur habe der Regen in diesem Jahr dazu geführt, dass viele Flächen für die Herbstaussaat nicht befahrbar waren, oder der Mais, die Zuckerrüben noch gar nicht geerntet werden konnten. „Eine Forderung, diese Regel an die Witterungsbedingungen anzupassen, wurde von der Politik abgelehnt“, kritisiert der Vorsitzende.
Auf vielen Flächen, die in diesem Herbst nicht bestellt werden konnten, wird den Bauern dann die GLÖZ 7-Regelung im nächsten Jahr Probleme bereiten. In GLÖZ 7 geht es um den Fruchtwechsel, also – „das auf den Flächen in jedem Jahr eine andere Frucht steht“, schildert Westermeyer. Auch etwas, das man erstmal durchaus befürworten könne. Nur, wenn das Wetter solche Kapriolen schlage, wie in 2023, würde es schwierig. Auch hier ein Beispiel: Auf den Flächen auf denen zum Beispiel Mais gestanden hat und hier aufgrund des Regens kein Getreide mehr ausgesät werden konnte, darf im darauffolgenden Jahr nicht noch einmal Mais angebaut werden.
Es gibt insgesamt neun solcher GLÖZ Regeln, dazu aber noch zahlreiche andere Vorgaben in der GAP, der Gemeinsamen Agrarpolitik, die beachtet werden müssen. „Hinzu kommen zahlreiche Dokumentationspflichten, die uns Zeit kosten, die wir lieber im Stall und auf dem Feld verbringen würden“, erklärt der Landwirtevorsitzende. Das seien alles Dinge, die vielen Landwirten und Landwirtinnen die Freude am schönsten Beruf der Welt verderben würden.
Im neuen Jahr in ganz Deutschland Proteste gegen die aktuelle Politik. – Von allem nicht genug, kam kurz vor Weinachten noch ein Schlag ins Kontor: Landwirtschaftliche Zugmaschinen und Anhänger fahren Steuerbefreit mit einem grünen Kennzeichen. „Das hat seinen Ursprung darin, dass landwirtschaftliche Fahrzeuge überwiegend auf den Feldern und Höfen unterwegs sind“, erklärt Westermeyer. Im gewerblichen Bereich nenne man das Werksverkehr und sei dort auch vergünstigt. Die Bundesregierung wolle nun, „so ist der Plan, unsere landwirtschaftlichen Fahrzeuge mit in die Kraftfahrzeugsteuer aufnehmen“, erläutert Westermeyer. Ähnlich sei es beim sogenannten „Agrardiesel“. „Wir Land- und Forstwirte können am Jahresende beantragen, einen Teil der Kraftstoffsteuer zurückerstattet zu bekommen“, beschreibt Westermeyer. Doch man müsse dazu wissen, dass diese Rückerstattung in Deutschland wesentlich geringer ausfalle, als in anderen EU-Staaten.
Wettbewerbsverzerrung für deutsche Landwirte – Gleichzeitig werde beispielsweise der Preis für Getreide an den Weltmärkten, an den Börsen dieser Welt, ausgehandelt. Die in Deutschland sehr hohen Standards gepaart mit steigenden Kosten, schwächen deutlich die Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Landwirte. „Die Summe all dieser Vorgaben und Regelungen trägt dazu bei, dass immer mehr Höfe aufgeben“, so der Vorsitzende. Im neuen Jahr werde es in ganz Deutschland Proteste gegen die aktuelle Politik geben.
Ernährungssicherheit wird auf’s Spiel gesetzt – Der Vorsitzende fragt sich: Die Krisen der letzten Jahre, ob Krieg oder Corona, hätten aber doch deutlich vor Augen geführt, „wie abhängig wir mittlerweile sind und obwohl wir das wissen, setzt die Politik die Versorgung mit heimischen Lebensmitteln auf’s Spiel.“ Deutschland habe weltweit die höchsten Standards beim Tierwohl und Umweltschutz, „dass mache unsere Landwirtschaft aber jetzt schon oftmals teurer als in der restlichen Welt.“ Westermeyer mahnt: „Unsere Standards wollen wir behalten, aber man darf uns nicht mit immer weiteren Kosten belasten, sonst werden wir zukünftig noch stärker – als ohnehin schon – auf Importe angewiesen sein.“