Gütersloh (gpr). Das letzte Erzählcafé des gerade vergangenen Jahres mit dem Titel „Briten in Gütersloh“ hätte ein mehrteiliges werden können. Die rund 40 Teilnehmenden hatten viel Gesprächsstoff für den Dezemberabend im Stadtarchiv mitgebracht. Der städtische Fachbereich Kultur lud zusammen mit dem Stadtarchiv zur 11. Ausgabe der beliebten Reihe ein.
Moderiert wurde das Erzählcafé von Bettina Blum, Historikerin mit Schwerpunkt auf der Geschichte der Briten in Westfalen und Autorin eines Artikels zum Thema für den Jubiläumsband zur Gütersloher Stadtgeschichte 2025. Es kamen unterschiedliche Menschen aus Politik, Militär und Gesellschaft zusammen, um deutsch-britische Momente in der Gütersloher Stadtgeschichte aufleben zu lassen. Angefangen von den ersten Begegnungen mit britischen Besatzern 1945 und den unterschiedlichen Traditionen und Kulturen über die NAAFI, die Flugschauen und die bürokratischen Schwierigkeiten bis hin zum tränenreichen Abschied 2019 gab es viele Erinnerungen, die geteilt wurden.
Auf dem Podium erzählten Mark und Karin Richards beispielsweise, wie es war, als deutsch-britisches Ehepaar zu leben, durch die vielen berufsbedingten Umzüge keinen Ort wirklich „Zuhause“ nennen zu können, und über die Schwierigkeiten, plötzlich „die Frau von“ zu sein. „Ich war immer eine eigenständige Person und jetzt bin ich ‚wife of‘“, erzählte Karin Richards. „Das fand ich erst ein wenig befremdlich.“ Auch Keith Rudman und seine Tochter Jennifer Bäcker berichteten über ihre Erfahrungen, in zwei Welten beheimatet zu sein, die unterschiedlicher nicht sein konnten.
Die offizielle Perspektive brachte die ehemalige Bürgermeisterin Maria Unger ein, die die Briten als Partner in Wirtschaft und Verwaltung kennenlernen durfte und mit dem britischen Orden „Member of British Empire“ ausgezeichnet wurde. 2010 schüttelte sie dem heutigen König Charles bei einem Besuch auf dem Flugplatz Gütersloh die Hand. „Den deutsch-britischen Zusammenhalt habe ich als Bürgermeisterin immer als sehr gut empfunden“, so Maria Unger. Als dann schließlich die Nachricht über den Abzug der Briten kam, wurde ihr klar: „Wir verlieren jetzt Freunde.“ Auch andere Gäste des Erzählcafés teilten ihre vielen eigenen Erinnerungen und Erfahrungen mit den Briten. Dabei wurde erzählt von Freundschaften mit britischen Kindern, bürokratischen Hürden einer Ehe oder den Überlegungen zur doppelten Staatsbürgerschaft. Warum einige britische Militärangehörige nach dem Abzug trotzdem in Gütersloh blieben, fasst ein Gast aus dem Publikum schließlich so zusammen: „Gütersloh ist perfekt.“
Wer ähnliche Erinnerungen teilt oder neue Anekdoten kennenlernen möchte, kann die Aufzeichnung des Erzählcafés online nachschauen unter www.kulturportal-guetersloh.de/erinnern/erzaehlcafes/.
Das nächste Erzählcafé findet am Montag, 4. März, zum Thema „(Un)Sichtbare Frauen?!“ in der Aula der VHS statt. Die Teilnahme ist kostenlos. Weitere Informationen erhalten Interessierte bald unter www.kulturportal-guetersloh.de.