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Vesperkirche rührt in den Töpfen

Die Idee eines „Esszimmers für alle“ findet immer mehr Verbreitung. Vom Erfolg in Gütersloh lassen sich auch andere Orte in der Region anstecken.

Gütersloh. Ostwestfalen entwickelt sich landesweit zum Hotspot der Vesperkirchen. Gütersloh,  Bielefeld, Herford, nun auch Rheda-Wiedenbrück und Harsewinkel: In keiner anderen Region haben sich in kurzer Zeit derart viele Solidargemeinschaften gebildet. Das Original, die Gütersloher Vesperkirche, 2018 die erste in NRW,  steht ebenfalls wieder in den Startlöchern.

Der Termin steht längst fest: 28. Januar bis 4. Februar 2024. Wie im Vorjahr wird es wieder eine ganztägige Vesperkirche sein, mit Frühstück, Mittagessen, Kaffeetrinken und einem Bütterchen zu Abend. Alles kostenlos, offen für jeden. Für diese Offenheit, für diese Idee, Menschen unterschiedlichster Herkunft an gedeckten Tischen zusammen zu führen, hat die Gütersloher Vesperkirche 2021 im Beisein von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier den Preis der Bürgerstiftung erhalten.

„Uns stimmt glücklich, dass die Idee immer mehr Verbreitung findet“, sagt Vesperkirchengründer Dr. Nils Wigginghaus. Dass sich dieser Tage sogar in nächster Nachbarschaft, in Rheda-Wiedenbrück und Harsewinkel, Vesperkirchen bilden, sei ein Zeichen für zweierlei. „Erstens, das Gütersloher Vorbild scheint nicht ganz schlecht zu sein. Zweitens, das Bedürfnis der Menschen nach Kontakt und Austausch braucht Formate, in denen ihnen dieses ermöglicht wird.“ Die Vesperkirche mit ihrer unkomplizierten Art, mit ihrer Barrierefreiheit in jeglicher Hinsicht biete genau das: die Chance auf warme, überraschende Begegnungen.

Ohne Helfer geht es nicht: Täglich werden mehrere Dutzend Ehrenamtliche eingebunden; die Bereitschaft zum Mitwirken ist hoch.

Rheda-Wiedenbrück und Harsewinkel hatten sich in Gütersloh umgehört, wie sie eigene Vesperkirchen auf die Beine stellen können. Wie bindet man Ehrenamtliche ein, wie finanziert man die Veranstaltung, wie macht man deutlich, dass es ein Fest der Begegnung und keine reine Armenspeisung ist? Das Ergebnis ist in Wiedenbrück diese Woche in St. Pius zu sehen, wo die Gemeinde gemeinsam mit dem Sozialdienst katholischer Frauen und Männer (SkFM) und der evangelischen Versöhnungs-Gemeinde Beachtliches auf die Beine gestellt hat: Eine Woche, von Dienstag, 21. November, bis Sonntag, 24. November, lädt die Vesperkirche dort jeden Abend von 17.30 bis 21 Uhr zu einer kostenfreien warmen Mahlzeit und zu Kultur ein.

In Harsewinkel plant die evangelisch-lutherische Gemeinde eine Vesperkirche vom 21. bis 27. Januar. Gleichfalls inspiriert vom Gütersloher Vorbild, fährt sie doch ein komplett anderes Modell. Geplant ist dort, die Speisen durch einen Caterer ausliefern zu lassen. „Kirche und Kochen, das machen wir dieses Mal nicht“, wird der Pfarrer Jörg Eulenstein zitiert.

In Gütersloh, das in den vergangenen Jahren viele Vesperkirchen im Land beraten hat, liegt der Fokus weiterhin auf Begegnung. „Spaltung und Polarisierung zu überwinden, das ist unsere Motivation“, sagt Dörte Sonnabend. Jung und Reich trifft Arm und Alt, kirchennah trifft kirchenfern, die Geschäftsfrau den Obdachlosen, der Mittagspausensnacker diejenige, die mächtig Kohldampf hat. Geboten wird allen: eine Mahlzeit und Geselligkeit. Warmes für Körper und Gemüt.

Umgebaut und bunt: Die Martin-Luther Kirche wird acht Tage lang zum riesigen Esszimmer. Eintritt frei, Essen frei.

Wie im Vorjahr haben sich die ehrenamtlichen Organisatoren entschieden, die Vesperkirche von zwei auf eine Woche (acht Tage) zu verdichten. Diese Herangehensweise,  damals auch wegen der hohen Heizkosten gewählt, sei bestens  angekommen, berichtet Wigginghaus. Daher öffne man auch 2024 früh, mit dem Frühstück: „Gerade morgens entwickelte sich oft eine besondere Atmosphäre.“

Nachmittagskuchen und Abendbrot wird ebenfalls wieder gereicht – es habe sich gezeigt, dass diese Ausdehnung sinnvoll sei. „Viele Gäste haben morgens oder mittags keine Zeit, mal eben in die Stadt zu fahren, nachmittags oder abends aber schon“, sagt Ludger Osterkamp. Für die Kulturveranstaltungen am Abend, von denen es wieder einige geben wird, gelte das ohnehin. Ein Highlight dieser Veranstaltungen steht schon fest: Am Samstag, 3. Februar, tritt das GTown  Rock Orchestra auf.

Zentrales Element hingegen bleibt das Mittagessen. Geliefert wird es wieder von Cultina, rund 300 Mahlzeiten täglich, zwei zur Auswahl. Essenszeit: 12 bis 13.45 Uhr. Das Servieren übernehmen Ehrenamtliche, ebenso wie das Begrüßen, Anrichten, Abräumen, Spülen, etc., sie sind für viele Dinge unverzichtbar. Mehr als hundert Helfer bindet die Vesperkirche ein.

Frische Brötchen in der Kirche: Das Frühstück-Angebot kam beim letzten Mal gut an; daher geht es auch dieses Mal schon frühmorgens los.

 

 

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