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Wohnen in der Kökerstraße

Behutsamer Lückenschluss im historischen Zentrum von Gütersloh

Mitten im Stadtzentrum von Gütersloh ist ein neuer Wohn- und Geschäftskomplex entstanden, der sich behutsam ins denkmalgeschützte Umfeld einfügt. Nachdem ein Brand eine Lücke in das historische Gefüge der Innenstadt gerissen hatte, war der Wunsch vor Ort groß nach einer baulichen Lösung, die nicht nur die formalen Traditionen des Stadtzentrums respektvoll ergänzt, sondern auch zeitgemäße Wohnund Geschäftsräume bietet. Dem neuen Ensemble an der Kökerstraße von GJL+ Freie Architekten gelingt es, diese Herausforderungen zu erfüllen – und obendrein das Trommelpättken zu bewahren.

Foto: GJL+ Kökerstraße

Neu bauen in historischer Lage
Trotz der anspruchsvollen Ausgangssituation, die Brandruine vom Sommer 2020 harmonisch zu schließen, kam es durch enge und gute Zusammenarbeit schnell zur Einigung zwischen Stadt, Gestaltungsbeirat, Politik und Bauherrn. Nach aufwendigen Abrissarbeiten und umfassender Bausicherung der weitgehend denkmalgeschützten innerstädtischen Umgebung – das Areal in der Kökerstraße wird umrahmt von Martin-Luther-Kirche, Stadtmuseum im Fachwerkbau, dem denkmalgeschützten ehemaligen Fasan und einem historischen Wegesystem –, konnte schon im April 2022 mit dem Baubegonnen werden.

Traditionelle Formen modern interpretiert
Entstanden ist in enger Abstimmung mit Stadt und Gestaltungsbeirat und vollständig im Zeit- und Kostenrahmen ein Komplex aus zwei viergeschossigen Neubauten, die einen kleinen Innenhof mit Spielfläche umschließen. In Reverenz an die lokale Bautradition – und im Gegensatz zum Vorgängerbau aus den 1960er Jahren – sind sie mit rotem, gegliedertem Backstein verklinkert. Zudem wird die Fassade von Sichtbeton-Bändern horizontal gegliedert, das oberste Geschoss ist durch eine Traufkante gebrochen.

„Wir wollten zu einer Aufwertung des Stadtbildes beitragen und haben unseren Entwurf daher
in enger Abstimmung mit der Stadt Gütersloh und dem Gestaltungsbeirat entwickelt.“
Andreas Grube
GJL+ Freie Architekten

Foto: GJL+
Kökerstraße

Das Gebäude zur Kökerstraße ist durch einen Einschnitt gegliedert, so dass eine kleinteilige Wirkung entsteht, die sich angemessen in die Umgebung einfügt: Die Sockelzone mit Raum für Gewerbe spannt den Baukörper zusammen, die oberen Stockwerke erscheinen eigenständig. Gemeinsam mit dem zweiten Gebäude im rückwärtigen Bereich des Grundstücks sind hier 28 Wohnungen mit Grundrissen zwischen 63 und 115 Quadratmeter entstanden, die im Besitz des Bauherrn verbleiben und vermietet werden. Sie alle entsprechen den Nachhaltigkeitsstandards (KfW 55). Die Mansarddächer wurden mit einem Aluminium-Stehfalzband verkleidet – Analogien zu Großstädten wie Paris werden wach –, auf den Dächern selbst befinden sich PVAnlagen sowie Grünflächen, die Regenwasser zurückhalten.

Das Grundstück wurde weitgehend verkehrsfrei angelegt, nur eine Hand voll Stellplätze befinden sich im Innenhof. Die Hauptparkfläche mit 32 Stellplätzen – vier davon auch für E-Mobilität – liegt unterirdisch und, um keine wertvolle Innenstadtfläche zu verschwenden, durch einen Aufzug zu erreichen. Darüber hinaus wurden auch umfangreiche Stellflächen für Fahrräder angelegt.

Foto: GJL+
Kökerstraße aus der Luft

Ein besonderes Extra: Das Trommelpättken
Ein besonderes Augenmerk wurde auf das Trommelpättken gelegt, das eigentlich nicht zum Grundstück gehört: Der schmale Pfad – westfälisch: Pättken – führt an zwei Seiten um das Baufeld. Zwar (noch) nicht denkmalgeschützt, ist der Fußweg historisch
bedeutsam für die Geschichte der Stadt.

Der Erhalt der Mauer des Pättkens war keineswegs einfach. Die Elektroversorgung des
Vorgängerquartiers lief über einen Kabelstrang, der im Erdreich just unter der Mauer verlief,
und zwar frostfrei in einer Tiefe von 80 Zentimetern. Das Freilegen war anspruchsvoll. Aber:
Wir wollten das Trommelpättken so original wie möglich belassen.
Lars Frenz
GJL+ Freie Architekten

Die Mauer, die das Pättken auf Grundstücksseite umsäumt, galt es zu erhalten: Alter Waschbeton wurde entfernt, erneuert und mit roten Klinkersteinen im klassischen Verbund, sprich: Kreuzfugenmuster, versehen, wo möglich wurden alte Ziegel wiederverwendet. Risse im Mauergefüge wurden gestopft, Unebenheiten belassen. Die untergliederte Pfeilerstruktur blieb erhalten. Übrigens: Seinen Namen soll das Trommelpättken tragen, so will es der Volksmund, weil der Gang durch die enge Gasse oft entsprechende Geräusche erzeugte.

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