Gütersloh (gpr). Wie können Sportvereine und Schulen besser zusammenarbeiten, um Kinder und Jugendliche für lebenslanges Sporttreiben zu begeistern? Diese Frage hat das zweite Gütersloher Sportforum im Rahmen der Sportentwicklungsplanung der Stadt Gütersloh bewegt, organisiert vom städtischen Fachbereich Sport. Um miteinander in den Dialog zu treten, trafen sich Sportvereine, Schulvertreter und Wissenschaftler im Kleinen Saal der Stadthalle. „Als Dezernent für Sport und Schule interessiert mich dieses Thema natürlich ganz besonders“, begrüßte der Erste Beigeordnete und Moderator des Abends Henning Matthes die rund 70 geladenen Gäste. „Das Thema Sport und Schule hat eine immense Bedeutung und wird heiß diskutiert. Unser Ziel des Abends wird es sein, Themen herauszukristallisieren, an denen wir weiterarbeiten wollen.“
Kommunikation zwischen Lehrkräften und Vereinen oft mangelhaft
Die gut dreistündige Veranstaltung begann mit einem Fachvortrag von Dr. Bernd Gröben, Professor für Sportwissenschaft an der Universität Bielefeld. Er zeigte Konflikte zwischen den Sportvereinen und einer veränderten Schullandschaft durch den Ganztag auf und präsentierte Studien, in denen vor allem eine schlechte Kommunikation zwischen Lehrkräften und Vereinsmitarbeitenden bemängelt wurde. Zudem fehle es oft an der Begegnung auf Augenhöhe. „Der schulische Sportunterricht hat den Auftrag, den Schülerinnen und Schülern die sportliche Welt zu eröffnen“, so Gröben. Da durch die verpflichtende Teilnahme am Sportunterricht eine ganze Generation erreicht würde, sei es wichtig, hier eine Vernetzung zwischen Schulen und Sportvereinen zu schaffen, um auch über die Schule hinaus den Kindern und Jugendlichen die Tür zu einem sportlich aktiven Leben zu öffnen.
„Nicht jeder Lehrer kann Hockey unterrichten“
Christoph Gehrt-Butry, stellvertretender Vorsitzender des Stadtsportbunds Duisburg, zeigte in seinem Vortrag auf, wie solche Kooperationen zwischen Sportvereinen und Schulen in Duisburg bereits umgesetzt werden: Von einem Schülermarathon über Projektwochen in Schulen bis hin zum Sportabzeichentag organisiert der Stadtsportbund seit 30 Jahren gemeinsame Projekte zwischen Vereinen und Schulen. „Wie können wir die Schüler motivieren, ein Leben lang Sport zu treiben?“, formulierte Gehrt-Butry die zielführende Fragestellung der Kooperationsmaßnahmen. Speed-Dating ist in Duisburg eine Antwort darauf. Bei diesem Format lernen sich Sportvereine und Schulen kennen und knüpfen erste Kontakte, aus denen schließlich Kooperationen entstehen. Dabei können Schulen von der Expertise der Vereine profitieren, denn, so Gehrt-Butry: „Nicht jeder Lehrer kann Hockey unterrichten.“ In Fortbildungen der Lehrer durch Vereinsmitarbeitende könnten die Kenntnisse weitergegeben und die Schülerinnen und Schüler für das Hockeyspielen begeistert werden. „Wir müssen uns klarmachen: Sowohl Vereine als auch Schulen tragen die Verantwortung für dieselben Kinder“, brachte Gehrt-Butry es auf den Punkt. Seine Faktoren für eine gelingende Kooperation: Zusammenarbeit auf Augenhöhe, regelmäßiger Austausch und klare Absprachen.
Wunsch nach Schaffung einer Struktur für langfristige Kooperationen in Gütersloh
In der anschließenden Podiumsdiskussion erörterten Experten aus der Gütersloher Schul- und Sportlandschaft die Möglichkeiten und Chancen, aber auch die bisherigen Hindernisse in Gütersloh. Mit dabei: Schulleiterin Heidrun Elbracht, stellvertretend für alle weiterführenden Schulen. Ihr Credo: „Wir haben ein großes Interesse an Kooperationen mit den Vereinen. Dafür bräuchte es am besten ein etabliertes System zur Kontaktaufnahme.“ Prof. Dr. Gröben betonte, dass für Lehrer oft die Strukturen fehlten, die sie motivieren würden, sich in diesem Feld stärker zu engagieren. Stefan Schreck, Sportlehrer und Doktorand der Sportwissenschaften, bestätigte dies aus eigener Erfahrung: Er musste für eine Kooperation mit einem Sportverein zusätzliche Stunden arbeiten, ohne dafür Entlastungsstunden gutgeschrieben zu bekommen. „So werden die Leute schnell verheizt“, stellte er fest. Heidrun Elbracht sah aber auch die andere Seite: „Die Ehrenamtlichen in den Sportvereinen sind in der Regel berufstätig und können daher erst nachmittags in die Schulen gehen. Das wiederum bedeutet Überstunden für die Lehrer.“ In diesen Punkten waren sich schließlich alle einig: Für gelingende Kooperationen zwischen Schulen und Sportvereinen braucht es niedrigschwellige Möglichkeiten für beide Seiten, um sich kennenzulernen, verbindliche Kommunikation mit festen Ansprechpartnern und die notwendigen Ressourcen, um Strukturen zu schaffen, die eine Kooperation langfristig gewährleisten können.
Nach der Podiumsdiskussion ging es auf der Bühne mit einem Auftritt der im Jahr 2019 neu gegründeten Mannschaft der Startgemeinschaft Gütersloh/Bielefeld nicht mehr nur inhaltlich sportlich zu: Die neun- bis 13-jährigen Mädchen beeindruckten das Publikum mit ihren Reifen und Gymnastikbändern. Unter der Leitung von Kristina Scheibner turnen sie derzeit in der 2. Bundesliga Staffel A. Nachdem abschließend noch Gelegenheit für alle Teilnehmenden der Veranstaltung zum Austausch und Vernetzen war, stand fest: Das zweite Gütersloher Sportforum war nur der Auftakt zum Thema „Kooperation von Schule und Sportvereinen“, ein erster Schritt in eine gemeinsame Richtung. Darauf aufbauend sollen Maßnahmen und Konzepte entwickelt werden, um in Gütersloh feste Strukturen für eine gelingende Kooperation zwischen Schulen und Vereinen zu schaffen.