TEXT: REINHARD FULDE | FOTOS: RAIMUND VORNBÄUMEN
Ein großes Dankeschön an den Fotografen Raimund Vornbäumen für diese fantastischen Bilder, die er in der Jazz-City Zeit für die Neue Westfälische eingefangen hat. Und an Reinhard Fulde, der uns mit seinen Texten in die vergangene Zeit eintauchen lässt.

Drei Legenden am Bass: Ray Brown
In seiner über 50-jährigen Karriere spielte er in jedem wichtigen Nightclub, auf fast allen Festivals und mit jedem großen Star des Jazz: mit Frank Sinatra, Ella Fitzgerald, Charlie Parker, Louis Armstrong, Oscar Peterson, Duke Ellington, Dizzy Gillespie & vielen mehr. Unter den Talenten, die er selbst früh entdeckte, war keine Geringere als Ella Fitzgerald, die er später heiratete.
Die Jahre mit Norman Granz‘ »Jazz at the Philharmonic« und dem Oscar Peterson Trio machten ihn weltberühmt. Bis zu seinem Tod war er regelmäßig on stage und beeinflusste viele Musiker, auch über sein Genre hinaus. Kaum vorstellbar, dass auch diese Legende im kleinen Jugendzentrum gleich zweimal hautnah zu erleben war.
Zum ersten Konzert musste er ohne sein Instrument anreisen und Josef hatte den Auftrag, einen passenden Kontrabass zur Verfügung zu stellen. Er besorgte schließlich acht(!) Instrumente, wobei sieben zunächst keine Gnade vor dem Auge und Gehör Ray Browns fanden, bis er sich schließlich mit dem letzten, einem über 100 Jahre alten Instrument, zufriedengab. Große Erleichterung bei allen Beteiligten und der Beginn einer neuen wunderbaren Freundschaft ….
Das zweite Konzert 2001 war besonders
bemerkenswert, weil es das viel beachtete einzige(!) Konzert in dieser Triobesetzung mit dem genialen Russell Malone an der Gitarre und dem weltberühmten Pianisten Monty Alexander war. Dieser Abend war Ray Browns 75. Geburtstag, und er wurde von den Fans entsprechend gefeiert. Josef hatte es sich natürlich nicht nehmen lassen, dem erklärten Weinliebhaber ein passendes Geschenk zu machen, über das er sich erkennbar freute und erklärte, es nach New York mitnehmen zu wollen. Wir hofften, die Verpackung wäre stabil genug.


Ron Carter
Der mit 87 Jahren bis heute noch aktive Ron Carter gilt als technisch perfekter Bassist schlechthin, der über nahezu unbegrenzte technische und musikalische Mittel verfügt. Er begann im Alter von 10 Jahren Cello zu spielen, stieg dann auf den Bass um und lernte darüber hinaus noch Geige, Klarinette, Posaune und Tuba. Mit der nach einhelligen Meinungen der Kritiker besten Miles Davis Band aller Zeiten wurde er an der Seite von Herbie Hancock, Wayne Shorter und Tony Williams weltberühmt. Die Aufnahmen dieses Quintetts begeistern die Jazzfans bis heute. Nach Auflösung dieser Gruppe war Ron Carter als einer der gefragtesten Begleiter und mit eigenen Gruppen bis heute weltweit aktiv.
Der erste Auftritt von Ron Carter in Gütersloh stand unter keinem guten Stern: Aufgrund von diversen Problemen bei den vorherigen Konzerten und der nicht sehr einladenden Atmosphäre, in der zum ersten Mal genutzten Apostelkirche waren, die Musiker wenig inspiriert, und das Konzert verlief etwas lustlos. Das zweite Konzert im Jugendzentrum geriet mit der anderen Besetzung (s.o.) dagegen sehr viel begeisternder und auch der Starbassist zeigte sich gutgelaunt, besuchte Josef sogar in seiner »Bude« und lud ihn zu sich nach New York ein.
Dave Holland
Miles Davis entdeckte ihn in London in Ronnie Scott’s Club, nachdem Dave Holland davor in England u.a. bei Alexis Korner, aber auch in Free Jazz Ensembles aktiv war. Durch seine Mitwirkung auf Miles‘ Bitches Brew Platte wurde er mit einem Schlag international bekannt. Erfolgreiche Alben u.a. mit Chick Corea und Anthony Braxton, dann aber häufig auf dem ECM Label (John Abercrombie, Jack deJohnette), folgten. Neben seiner Arbeit als viel gefragter Sideman veröffentlichte er, auch auf ECM, zahlreiche sehr erfolgreiche Aufnahmen mit seinem eigenen Quintett bzw. Sextett.
In unserem letzten Programmheft 2008 durfte ich am Schluss eine Art persönliches Fazit unserer Jazzreihe ziehen und u.a. die drei für mich künstlerisch herausragenden Konzerte der vielen Jahre benennen: Neben Michel Petruccianis legendärem Solokonzert 1995 waren es zwei Konzerte unter maßgeblicher Beteiligung von Dave Holland: 2005 mit seinem Quintett, 1993 als Bassist beim inzwischen schon legendären Auftritt von Betty Carter im alten Theater, mit Geri Allen am Piano und Jack deJohnette am Schlagzeug.
Auch Dave Holland (insgesamt viermal in Gütersloh) war ein ausgesprochen freundlicher, angenehmer Künstler, ein englischer „Gentleman“. Bei ihm gab es schon beim ersten Auftritt ein Ereignis, das ihn sofort für uns einnahm: Auf der Flugreise war der Carbon-Behälter für seinen Kontrabass stark beschädigt worden, das Instrument nur durch Zufall heile geblieben. Es gelang uns zum Glück in Windeseile, durch gute Beziehungen bei einem Fachhändler für Boots- und Flugzeugmodellbau den Koffer repariert zu bekommen und einen zufriedenen und entspannten Dave Holland auf der Bühne zu erleben. Und es zeigte sich wieder einmal das Erfolgsgeheimnis von Josef: Einsatz, Engagement und gute Beziehungen.


Ron Carter (* 4. Mai 1937 in Ferndale, Michigan) ist ein amerikanischer Jazz-Bassist, Cellist und Komponist. Mit der Beteiligung an weit mehr als 2.000 Alben ist er der meistaufgenommene Bassist in der Geschichte des Jazz.
Lieblingsplatten:
Miles Davis, Live at the Plugged Nickel
Joe Henderson, The State of the Tenor Saxophone
Ron Carter, Dear Miles
Ray Brown (* 13. Oktober 1926 in Pittsburgh, Pennsylvania; † 2. Juli 2002 in Indianapolis, Indiana, eigentlich Raymond Matthews Brown) war ein US-amerikanischer Jazz-Bassist. Er erhielt zahlreiche Grammies und Poll Awards und u.a. die Ehrendoktorwürde des Berklee College of Music.
Lieblingsplatten:
Oscar Peterson Trio, We Get Requests
Ray Brown, Some Of My Best Friends Are…Singers
Ray Brown, John Clayton, Christian McBride, Super Bass


Dave Holland (* 1. Oktober 1946 in Wolverhampton, England) ist ein britischer Jazz-Bassist und Komponist. Nach seiner Zeit bei Miles Davis wurde er zu einem der gefragtesten Bassisten des Modern Jazz und errang als Sideman und Leader zahlreiche Auszeichnungen, u.a. die Ehrendoktorwürde des Berklee College of Music.
Lieblingsplatten:
Miles Davis, Bitches Brew
Dave Holland Trio, Triplicate
Dave Holland Quintet, The Razor’s Edge