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  • 28.08.2024
  • Ausgabe 102
  • RegioCarl

#JAZZCITYGT – BLOG 15

Nina Simone
Regina Meier zu Verl Redakteurbild

Regina Meier zu Verl

Content-Redakteurin

TEXT: REINHARD FULDE | FOTOS: RAIMUND VORNBÄUMEN

Ein großes Dankeschön an den Fotografen Raimund Vornbäumen für diese fantastischen Bilder, die er in der Jazz-City Zeit für die Neue Westfälische eingefangen hat. Und an Reinhard Fulde, der uns mit seinen Texten in die vergangene Zeit eintauchen lässt.

Nachdem Josef große Erfolge mit Superstars wie Miles Davis, Dizzie Gillespie und John McLaughlin in der Provinz gefeiert hatte und dabei mit diesen Größen persönlich und als Veranstalter gut zurecht gekommen war, traute er sich im Januar 1992 zum ersten Mal, eine echte Diva – Nina Simone, die »Hohepriesterin des Soul« – nach Gütersloh zu holen. Weitere Diven (Eartha Kitt, Juliette Greco, Cassandra Wilson, Dianna Reeves) sollten bald folgen. Nina Simone eilte der Ruf einer äußerst schwierigen Künstlerin voraus: Rigoros wehrte sie sich, wenn sie etwa in Nachtclubs nicht mit der nötigen Aufmerksamkeit bedacht wurde oder wenn sie gar Anzeichen von Rassismus spürte.

Rabiat, ja z.T. gewalttätig konnte sie werden, wenn sie sich ungerecht behandelt fühlte. Legendär der Vorfall mit einem Plattenproduzenten, der offenbar versucht hatte, Nina um Tantiemen zu betrügen: Sie schoss auf ihn, zum Glück, ohne ihn zu treffen… Wenn es damals schon das Internet gegeben und Josef im Vorfeld mehr über die Künstlerin erfahren hätte, hätte er sich möglicherweise nicht getraut, sie zu verpflichten. Glücklicherweise ging aber in Gütersloh wieder einmal alles gut. Wer Interesse hat, diese selbstbewusste schwarze Frau etwas näher kennenzuler­nen, sollte sich auf YouTube das BBC Interview von 1999 einmal ansehen – und staunen…. Es lohnt sich.

Als Künstlerin hatte Nina Simone wahrlich gute Gründe, sich über Rassismus in Amerika zu beklagen: Als Zwölfjährige gab sie ihr Konzertdebut mit klassischem Klavierspiel. Sie weigerte sich zunächst zu spielen, als sie sah, dass ihre Eltern als Schwarze in der hintersten Reihe sitzen mussten, und sie bestand darauf, dass sie nach vorne geholt wurden. Für das Kind war dies die erste Begegnung mit Rassismus und Auslöser für ihr späteres Engagement in der Bürgerrechtsbewegung. Nachdem ihr, wie sie glaubte, aus rassistischen Gründen die Aufnahme ins renommierte Curtis Ins­titute of Music verweigert wurde, musste sie sich ihren Lebensunterhalt vorwiegend in Nachtclubs verdienen.

In einem Club in Atlantic City wurde sie mit dem Song »Porgy« von einem Produzenten als Sängerin entdeckt. Er holte sie nach New York und ihre Karriere nahm Fahrt auf. Hits wie »My baby just cares for me« oder »I put a spell on you« brachten große Erfolge. Ein Höhepunkt ihrer Karriere war 1963 der Auftritt in der Carnegie Hall. Die Plattenaufnahme davon genießt noch heute bei Fans und seit einiger Zeit wegen ihrer tollen Klangqualität auch bei Audiophilen hohes Ansehen. Spätere Songs wie »Mississippi Goddam« oder »To be young, gifted and black« wurden Leitlieder der Bürger­rechtsbewegung.

Mit ihrem Idol Martin Luther King war sie u.a. beim Marsch auf Washington dabei, nach des­sen Ermordung wandte sie sich der radikalen Black Power-Bewegung und MalcolmX zu, ver­ließ schließlich 1972 die USA (»It was racism, racism, racism!!«) und lebte und arbeitete danach in Afrika und Europa. In ihrem Haus in Südfrankreich verbrachte sie die letzten 10 Jahre ihres Lebens. Josefs bei Managern und Konzertagenturen inzwischen bekannte legendäre Fähigkeit, auch mit den exzent­rischsten Persönlichkeiten souverän umgehen zu können, sollte sich auch bei Nina Simone zeigen. Bei ihrer Ankunft wirkte sie zwar nicht aggressiv, sondern eher apathisch und äußerst zurückhaltend, löste bei mir dennoch enormen Respekt aus. – Josef schaffte es aber wieder einmal : Die Fotos von Raimund Vornbäumen zeigen vor und nach dem Konzert tatsächlich eine lächelnde(!) Künstlerin, und das Konzert selbst lief reibungslos ab. Das zu Beginn angesichts des Rufs der Sängerin stocksteif wirkende Publikum taute zunehmend auf und ließ sich schließlich zu Begeisterungsstürmen hinreißen. Und siehe da: Sogar eine Zugabe wurde gnädig gewährt. Ähnlich wie später bei Juliette Greco war es wohl neben Josefs rustikalem Charme auch das alte Theater mit seinem ganz eigenen Ambiente, was zum Erfolg des Konzertes beitrug. Nina Simone verabschiedete sich mit einem klaren politischen Statement auch vom ostwestfälischen Publikum: Der erhobenen Faust, dem Black Power- Symbol.

Plattentips:

  • High Priestess of Soul
  • Black Gold
  • I Put a Spell on You
  • At Carnegie Hall

Info

Nina Simone (bürgerlich Eunice Kathleen Waymon; * 21. Februar 1933 in Tryon, North Carolina, USA; † 21. April 2003 in Carry-le-Rouet, Frankreich) war eine US-amerikanische Jazz- und Bluessängerin, Pianistin, Songschreiberin und Bürgerrechtsakti­vistin.