FOTOS: FRANK JÜRGENS | TEXT: REGINA MEIER ZU VERL
Stell dir vor, du schnürst die Laufschuhe, drehst eine Runde – und machst das 7000 Mal. Frank Jürgens hat’s getan. Der Gütersloher blickt auf eine beeindruckende Laufkarriere zurück: 110.060 Kilometer hat er seit 1985 zurückgelegt – das ist fast dreimal um den Globus!

Sein Lauftagebuch zählt 710 Wettkämpfe – darunter 50 Ultraläufe, 65 Marathons und 70 Marathon-Trainingsläufe. Kein Wunder, dass er in der Laufszene als »Mister Marathon« bekannt ist. In den Laufshops Active und Olafs Laufladen liegt jetzt eine 40-seitige Broschüre aus, in der er seine sportlichen Höhepunkte festgehalten hat. »Wer mehr wissen will, darf sich gerne bei mir melden«, sagt Jürgens – ganz der passionierte Routinier.
WENN’S NACH IHM GINGE: ES DÜRFTE RUHIG WEITERGEHEN
Doch das vergangene Jahr war alles andere als einfach. Zwar absolvierte Jürgens im April 2024 noch den Hermannslauf in respektablen 3:11 Stunden – zufrieden war er trotzdem nicht: »Ich hatte das Ergebnis etwas besser erwartet.« Danach lief er noch fünf Halbmarathons, bevor ihn Herzprobleme und Sitzbeinschmerzen monatelang ausbremsten. Erst seit November ist er wieder im Training – bislang mit »nur« 1600 Jahreskilometern, gegenüber den 2200 im Jahr davor. Rückhalt in all den Jahren war immer seine Frau Elisabeth. Sie ist nicht nur moralischer Anker, sondern oft auch mit dem Fahrrad an seiner Seite – beim Training wie bei der Entstehung seiner Laufchronik. Gemeinsam mit Freund Eckard Otto half sie, die Erinnerungen zu Papier zu bringen.


GROSSE ZEITEN, LANGE STRECKEN UND EIN PAAR KRISEN
Schon 2019 knackte Jürgens die 100.000-Kilometer- Marke – ein Ereignis, das damals sogar in der Lokalpresse gefeiert wurde. Und doch war es auch der Moment, in dem erste Motivationslöcher auftauchten. Die ganz langen Ultras? Lagen da schon eine Weile zurück. 2015 etwa lief er bei einem Sechs-Stunden- Wettbewerb 51 Kilometer. 2010 dann das nächste Glanzlicht: 100,7 Kilometer in zwölf Stunden bei der LG Marienfeld – Sieg! Und in Basel toppte er das sogar noch mit 109 Kilometern.
Jürgens war schon immer ein Mann der Zahlen: 1999 veröffentlichte er eine typische Trainingswoche – 122 Kilometer an sechs Tagen, dazu ein Ruhetag. Seine besten Zeiten lief er mit 45 Jahren: 10 km in 37:21 Minuten, 5 km in 18:08, Halbmarathon in 1:22:26. Und als wäre das nicht genug: Bei 30 Wettkämpfen im Jahr 1996 feierte er zehn Klassensiege.


1988: EIN MARATHON-JAHR VOM FEINSTEN
Sein Spitzname »Mister Marathon« kommt nicht von ungefähr. 1988 finishte er gleich acht Marathons – in Städten wie Paris, Rotterdam, Essen, Nürnberg, Karlsruhe und sogar in Israel. Bereits ein Jahr zuvor war er mit der Gütersloher Lauflegende Günter Wierum zum Barcelona-Marathon aufgebrochen. Dort lief er seine Bestzeit: 2:55 Stunden. Im selben Jahr knackte er erstmals die Marke von 4500 Trainingskilometern – innerhalb eines einzigen Jahres.
Der Weg in den Laufsport begann 1985 – direkt nach dem Ende seiner Fußballkarriere. Zuvor hatte er beim ersten Gütersloher Sparkassen-Triathlon mitgemacht – allerdings mit einem Dreigangrad. Der Triathlon blieb ein Ausflug. Laufen war und blieb seine Passion. Zu kompliziert sei der Dreikampf gewesen, sagt er heute schmunzelnd. So wechselte er vom LC Solbad zum Post SV Gütersloh und ist aktuell für die LG Burg Wiedenbrück aktiv.


UND JETZT? WEITERLAUFEN, SO GUT ES GEHT.
»Wenn’s nach mir ginge, könnte es ruhig weitergehen«, schreibt er am Ende seiner Broschüre. Und man glaubt ihm jedes Wort. Auch wenn der Körper langsam andere Töne anschlägt – der Kopf läuft weiter. Mit Ausdauer. Mit Leidenschaft. Und mit einer Menge Geschichten in den Beinen.