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  • 30.09.2025
  • Ausgabe 115
  • RegioCarl

CARL HISTORY

KÖNIGSTRAßE
Regina Meier zu Verl Redakteurbild

Regina Meier zu Verl

Content-Redakteurin

FOTOS: STADTARCHIV GÜTERSLOH | TEXT: REGINA MEIER ZU VERL

Heute bummeln wir mit euch durch die Innenstadt, beginnen an der Königstraße Nr. 2, einem Haus mit vielen Geschichten.

In Gütersloh gibt es nicht gerade eine Fülle historischer Gebäude – umso mehr fallen die wenigen alten Häuser ins Auge. Und mitten in der Stadt, an der Ecke Königstraße/Berliner Straße, steht so
ein Schmuckstück: das Haus Königstraße Nr. 2. Viele Ältere kennen es vielleicht noch als »Moccahaus«. Wir haben uns die Geschichte dieses besonderen Hauses einmal genauer angeschaut – und auch mit dem heutigen Besitzer gesprochen.

Vor rund 150 Jahren sah die Stadt hier noch ganz anders aus. Wo heute der markante Bau steht, gab es damals nur ein kleines Haus mit einem weit in die Königstraße ragenden Garten. (Dort wuchs übrigens ein Birnbaum, dessen Früchte bei den Schulkindern äußerst beliebt waren – allerdings meist auf nicht ganz legalem Wege …) Die Stadt wollte das Grundstück unbedingt haben, um die schmale Königstraße repräsentativer zu gestalten. Der damalige Eigentümer, ein Herr Bergmann, weigerte sich aber hartnäckig. Am Ende half ein Trick: Der Kaufmann Heinrich Köhne – er betrieb hier ein Konfektionsgeschäft samt Schneiderei – erwarb Haus und Garten für die Stadt.

VON FEINKOST ZU FAHRRAD

1880 ging das Haus in den Besitz von Carl Müller über, der 1889 einen Feinkost- und Kolonialwarenhandel eröffnete. Sein Sohn Clemens investierte 1903 in einen kompletten Neubau – das prächtige Haus, das wir heute noch sehen können. Architekt Scherbaum setzte auf reich verzierte Gesimse, Stuckarbeiten und sogar zwei Figuren an der Hausecke – einen männlichen und einen weiblichen Halbakt. Im Erdgeschoss entstanden drei Läden, darüber Wohnräume. Kostenpunkt damals: stolze 63.200 Reichsmark. Clemens Müller eröffnete darin seine Weinhandlung, bot aber auch exotische Waren an, etwa chinesischen Tee. Später war hier bis 1986 auch der Fahrradladen Reipschläger ansässig.

MODERN, ABER WENIG CHARME

1933 übernahm Burkhard Müller das Geschäft. Da er und seine Frau Hedwig keine Kinder hatten, wurde der Feinkostladen irgendwann aufgegeben. 1959 zogen das Moccahaus und Europa-Schmuck in die Räume ein. Leider wurde die schöne Schaufensterfassade damals »modernisiert« – sprich: die Bögen verschwanden hinter einer nüchternen Metallfront. Der Charme des Hauses litt erheblich.

1986 kam die Wende: Die Parfümerie Douglas übernahm die
Räume und ließ die ursprüngliche Fassade wiederherstellen. Auch Süßwaren Hussel, ebenfalls Teil der Douglas-Gruppe, zog ein. Das Moccahaus wanderte in die Fuhrmannsgasse. 1993 nutzte Douglas die komplette Ladenfläche, später zog Juwelier Christ ein. Nach dem Tod von Hedwig Müller im Jahr 2005 ging das Haus in neue Hände über. Unter strengen Auflagen des Denkmalamts wurde es liebevoll saniert: Das Treppenhaus wurde originalgetreu wiederhergestellt, die Bleiverglasungen nach alten Vorlagen rekonstruiert. Die Königstraße Nr. 2 ist längst wieder ein echtes Schmuckstück geworden.

Wenn wir die Königstraße durchwandert haben und an der ein- oder anderen Stelle immer mal wieder verweilten, landen wir automatisch in der grünen Oase am Dreiecksplatz, wo wir zu Hause sind. Auch so ein geschichtsträchtiger Platz in unserer schönen Stadt, aber davon erzählen wir dann ein anderes Mal wieder.