TEXT: REGINA MEIER ZU VERL
Jahr 1925 Ganz schön schick, wie er da steht – zwischen Theater und Stadthalle: der Wasserturm. Zum 200-jährigen Stadtjubiläum wollen wir ein Stück seiner Geschichte erzählen. Er zählt zu den wenigen echten Wahrzeichen unserer Stadt, und wir haben im Archiv gestöbert – mit spannenden Funden!

Ende des 19. Jahrhunderts kam Bewegung ins Thema Trinkwasser: Man wusste inzwischen, dass verunreinigtes Wasser krank machen kann, und überall wurden Wasserleitungen gebaut. Auch Gütersloh war früh dran: Schon 1887 bekam die damals etwa 5.000 Einwohner zählende Stadt eine eigene Wasserversorgung. Der Wasserturm an der Friedrichstraße entstand im zweiten Bauabschnitt 1887/88.
Der Anlass war ernst: Bei einer Untersuchung der 526 Hausbrunnen stellte sich heraus, dass mehr als die Hälfte kein sauberes Wasser lieferte. Die Stadt reagierte schnell, nahm Schulden in Kauf und ließ am Langen Weg ein Wasserwerk bauen. Damit das Wasser in der flachen Stadt überhaupt mit Druck aus den Leitungen kam, wurde der Wasserturm errichtet. 1888 ging beides in Betrieb.


Entworfen wurde der Turm vom Architekten Adolf Schlüpmann. Er steht auf rundem Grundriss (13,5 Meter Durchmesser) und zeigt eine interessante Gliederung: Über dem doppelgeschossigen Sockel folgen drei Etagen, die durch Sandsteinprofile voneinander abgesetzt sind. Die oberen beiden Geschosse, mit Bullaugen und rechteckigen Fenstern, sind mit dunklen Platten verkleidet. Gekrönt wird das Ganze von einem Zeltdach. Über dem Eingang prangt ein Stadtwappen mit dem Baujahr. Der Wasserbehälter im Turm fasst stolze 310 Kubikmeter.
Gut 60 Jahre lang reichte diese Versorgung aus. Doch ab 1946 musste nachgelegt werden: In Spexard wurde ein Pumpwerk eingerichtet, 1950 kam eine Rohrdruckleitung dazu – und der Turm verlor damit seine Funktion als Druckregler. Architektonisch ist der Bau eher sachlich und zweckmäßig – ganz anders als manch verspielter Turm, etwa in Münster. Deshalb stand der Wasserturm immer wieder mal zur Diskussion. Auch Ende der 70er, als die Stadthalle gebaut wurde, überlegte man, ihn abzureißen oder anders zu nutzen.


Doch es kam anders – und zum Glück! Denn der Turm bekam eine neue Rolle: Im Inneren wurde ein Jugendcafé eröffnet, für das der Mark-Wössner-Jugendfonds damals 300.000 DM bereitstellte. 2007 gab es frischen Anstrich und ein neues Konzept: Aus dem Café wurde ein Kompetenzzentrum für Jugendkultur. Das Projekt »Create. Music.OWL« sollte Rock- und Popmusik in die Region bringen – mit Erfolg. Seit 2015 ist die Bürgerstiftung Gütersloh Pächterin des Wasserturms. Heute nutzt die Musikschule für den Kreis Gütersloh die Räume für Proben und kleine Konzerte.
Was für eine sinnvolle Belebung dieses historischen Gebäudes!