TEXT: REGINA MEIER ZU VERL | FOTOS: STADTARCHIV
200 Jahre Gütersloh Stadtgeschichte.

Gütersloh und Bücher – das gehört einfach zusammen. Und bei vielen Geschichten rund ums Buch fällt früher oder später der Name Bertelsmann. Auch hier ist das der Ausgangspunkt. Im September 1837 bekam Carl Bertelsmann, der Gründer des späteren Verlagshauses, die offizielle Genehmigung, in Gütersloh eine Buchhandlung zu eröffnen.
Ein paar Jahre später, von 1853 bis 1857, lernte Friedrich Tigges bei Heinrich Bertelsmann – Carls Sohn – das Buchhändler-Handwerk. Er blieb danach in der Firma, doch 1869 machte er sich selbstständig und eröffnete das erste frei zugängliche Buchgeschäft am Kirchplatz 155 (heute Hausnummer 15). Das Sortiment hatte er zuvor Bertelsmann abgekauft. 1874 trug die Buchhandlung dann seinen Namen: »F. Tigges«


Nach Tigges’ frühem Tod übernahm sein Schwiegersohn August Goldstein 1898 das Geschäft. Weil die Räume am Alten Kirchplatz bald zu eng wurden, ließ Goldstein 1903 ein neues Geschäftshaus an der Ecke Königstraße/Hohenzollernstraße bauen – mitten im Kreuzungspunkt der wichtigsten Schulwege der Stadt.
Der Neubau, entworfen vom Bielefelder Architekten Heinrich Volz, bot viel Raum für mehr: neben Büchern kamen eine Musikalienhandlung, eine Kunstabteilung und ein Antiquariat dazu. Auch kulturell war einiges los – es gab Lesungen mit Autoren, Vorträge von Wissenschaftlern und Abende mit Schauspielern. Ab 1937 arbeitete auch Sohn Reinhard Goldstein mit – bis der Zweite Weltkrieg dazwischenkam.


Nach dem Krieg war Lesestoff rar. August Goldstein reiste durch ganz Deutschland – mit Koffern und Rucksäcken – um Bücher aus Leipzig, Frankfurt oder Berlin zu besorgen. Ab 1950 erholte sich das Verlagswesen langsam. 1955 wurden die Schaufenster modernisiert. Nach Augusts Tod übernahm Reinhard Tigges mit seiner Frau Irmgard die Leitung. Zwei Jahre später wurde das Geschäft erneut umgestaltet, 1977 folgte eine weitere Modernisierung.
Nach fast 150 Jahren übergab die Familie die Buchhandlung an Brüne-Udo Niere. Er führte sie im gleichen Geist weiter – mit Schwerpunkt auf anspruchsvoller Literatur und einem gepflegten Antiquariat. 1985 schloss er das Geschäft. Damit endete nach 154 Jahren die Geschichte der Buchhandlung Tigges.
Danach zog für einige Jahre die Parfümerie Lütkehus ein. Heute befindet sich in den Räumen das Dessousgeschäft Luna Lingerie.
