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  • 29.01.2025
  • Ausgabe 107
  • RegioCarl

JOST KOBUSCH

PART 2: EIN REKORD, DER GESCHICHTE SCHREIBT
Regina Meier zu Verl Redakteurbild

Regina Meier zu Verl

Content-Redakteurin

FOTOS: DANIEL HUG BILDER JOST KOBUSCH | TEXT: REGINA MEYER ZU VERL

Jost Kobusch hat es geschafft: mit 7.537 Metern auf dem Everest hat der ausnahme-alpinist nicht nur einen persönlichen Meilenstein erreicht, sondern auch einen Rekord aufgestellt. im Winter, im Alpinstil, solo und ohne Sauerstoff - ein Kunststück, das vor ihm niemand wagte. mit über 7500 Metern hält er nun den Höhenrekord im Winter auf der äußerst anspruchsvollen westgrat-route. wir gratulieren zu diesem grandiosen Ergebnis!

Ziel erreicht

Für Kobusch ist der Rekord ein Beweis, dass seine Strategie sich auszahlt. Es ist ein weiterer Schritt auf seinem außergewöhnlichen Weg im Alpinismus. Jeder Meter in den eisigen Höhen, jede Erfahrung am Berg bringt ihn künftigen Herausforderungen näher.

Erdbeben überstanden

In 5.700 Metern Höhe erlebte Jost am Morgen des 7. Januar das Erdbeben. Sein Camp, geschützt durch eine Granitwand, bot Sicherheit vor herabfallendem Gestein, doch Druckwellen zerrten an seinem Zelt, das teilweise beschädigt wurde. Lawinen gingen links und rechts ab – ein infernales Schauspiel, das volle Konzentration erforderte. Nach einer Weile des Abwartens entschied er sich für den Abstieg ins Basislager. Besonders riskante Passagen bewältigte er so zügig wie möglich -stets darauf bedacht- das Risiko zu minimieren.

Rekord aufgestellt – Projekt abgeschlossen

Jost Kobusch hat den Rekord auf dem Westgrat des Everest gebrochen: 7.537 Meter, erreicht im Winter und im Alpinstil – ein Erfolg, der ihn sichtbar stolz macht. Sechs Tage benötigte er für diese extreme Leistung, die bislang von keinem anderen Solo-Alpinisten bewältigt wurde. Trotz des Triumphs bleibt die Herausforderung dieser Expedition nicht unerwähnt. Die ohnehin riskante Route wurde durch das Erdbeben und die potenziellen Nachbeben noch gefährlicher.

Ausrüstung und Schlussstrich

Seine Ausrüstung hat den Belastungen standgehalten – mit einer Ausnahme: Ein Ersatzzelt wurde beschädigt, das Gestänge ist jedoch noch nutzbar. Müll oder kaputtes Material hinterlässt Jost nicht. »Alles wieder mitnehmen« gehört für ihn selbstverständlich zum Bergsteigen dazu. Trotz seines Erfolges zieht Jost nun einen Schlussstrich unter dieses Projekt. Eine Rückenverletzung aus dem vergangenen Jahr hat ihm wichtiges Ausdauertraining gekostet und für einen Gipfelaufstieg fühlt er sich nicht ausreichend vorbereitet. »Die Risiken wären zu hoch«, sagt er. Der Alpinist setzt lieber auf Sicherheit und bleibt seinem hohen Anspruch treu.

Unsichere Bedingungen und Abbruch der Expedition

Die Situation am Lho-La-Bergpass bleibt angespannt: instabile Eisformationen, Lawinengefahr und die Möglichkeit weiterer Nachbeben machen die Route riskant. Dazu kommt ein kürzlich verhängtes Flugverbot für touristische Helikopter, das Proteste auslöst. Lokale Bewohner sollen Berichten zufolge sogar Rettungshelikopter mit Steinen beworfen haben. Diese Kombination aus Risiken und der fehlenden Möglichkeit einer Bergung verstärkt die Entscheidung, die Expedition frühzeitig zu beenden. Trotz allem sieht Jost die Mission als Erfolg – er hat nicht nur einen Rekord aufgestellt, sondern auch wertvolle Erfahrungen für zukünftige Herausforderungen gesammelt.

Risiken als Teil des Alpinismus

Ein Erdbeben – für viele ein spektakuläres Ereignis – reiht sich für Jost in eine Reihe alltäglicher Gefahren ein, die der Alpinismus mit sich bringt: Lawinen, Stürme oder Eisschlag. Solche Bedingungen erfordern jeden Tag präzise Entscheidungen und Abwägungen. Das Erdbeben verdeutlicht lediglich die öffentliche Aufmerksamkeit, die solche Extremsituationen auf sich ziehen können. Für Jost bleibt es ein weiteres Element des Risikos, das er beherrscht – und ein weiterer Baustein in der Entwicklung seiner alpinistischen Fähigkeiten.

Richtig entschieden

Der Abbruch der Expedition war eine klare und rationale Entscheidung – strategisch sinnvoll und ohne Raum für Reue. Solche Beschlüsse fallen nicht erst oben am Berg, sondern schon im Vorfeld. Dort setzt man sie nur um, im Idealfall so reibungslos wie diesmal.

Voll fokussiert auf den Berg

Am Berg verschmelzen alle Gedanken zu einem tiefen Fokus. Die Außenwelt – Familie, Freunde oder Follower – tritt vollständig in den Hintergrund. Alles, was zählt, ist der nächste Schritt, der nächste Griff, das nächste Camp. Zwar ermöglicht der Satellitentracker sporadische Nachrichten an Nahestehende, oft zu praktischen Themen wie dem Wetter. Doch das Leben am Berg ist geprägt von purer Präsenz: keine Sehnsucht, keine Ablenkung, sondern reines Funktionieren. Diese meditative Konzentration, über Jahre perfektioniert, lässt keine Emotionen zu – nur klaren Fokus und vollen Einsatz.

Mentale Werkzeuge und Mikroschritte

Jost Kobusch lebt und klettert im Moment. Erfolg oder Scheitern sind für ihn keine Kategorien – vielmehr sieht er jede Erfahrung als Möglichkeit, Fähigkeiten zu erweitern und zu wachsen. »Mein Leben passiert in Mikroschritten«, sagt er und dieser Ansatz, loszulassen von Konzepten und Urteilen, prägt seine Denkweise. Was andere als Rückschlag betrachten, sieht er als wertvolles Lernen. Es ist dieser mentale Fokus, gepaart mit Resilienz und Ausdauer, der ihn als Alpinisten auszeichnet.

Unvorhersehbarkeit gehört dazu

Die Wildnis ist unberechenbar, aber gerade das macht ihren Reiz aus. Ob Erdbeben, Lawinen oder Steinschlag – es sind die Unbekannten, die Kobusch immer wieder antreiben. Sein Ziel? Der Berg, nicht die äußeren Begleitumstände. Es ist diese Hingabe, die Menschen fasziniert: Der Mut, den eigenen Weg zu gehen, getragen von einer tiefen Leidenschaft für die Berge. Für ihn ist es der bedeutungsvollste Pfad, auch wenn er nicht immer einfach ist.

Sicherheit und klare Planung

Sicherheit hat für Jost Kobusch oberste Priorität. Ob Eisschlag oder Lawinengefahr, seine Camps sind immer so positioniert, dass sie vor objektiven Gefahren bestmöglich geschützt sind. »Alpinismus ist kein Treppensteigen,« erklärt er, »es geht um die Konfrontation mit der eigenen Sterblichkeit – im sicheren Rahmen, soweit das möglich ist.« Jeder Schritt, jedes Camp ist durchdacht. Am Ende aber bleibt der Berg sein Arbeitsplatz, wo er auch schwierige Entscheidungen trifft, wenn die Risiken zu groß werden. Schließlich ist das nicht sein letzter Versuch, sondern eine Expedition von vielen.

Von zerstörten Zelten und Schichtkleidung

Am Everest sorgt der Sturm manchmal für Chaos – Winde bis zu 250 km/h, die Zelte zerfetzen. 2021/2022 hatte er wieder zugeschlagen. Fünf Zelte verlor Jost bisher, sogar eines, in dem er sich selbst befand. Natürlich bedeutet der Verlust Geld, besonders, wenn man, wie in diesem Fall keinen Sponsor dafür hat, aber am Ende ist es nur ein Zelt. Entscheidend sind auch die anderen Teile, die er mit sich führt – der Titanlöffel mit dem langen Stiel, der ihm das Leben leichter macht, oder die anderen kleinen Helfer, die seine Expedition sichern. Und es sind nicht nur einfache Gegenstände, sondern selbstentwickelte Ausrüstungen. Gemeinsam mit Blackjack hat er Prototypen von Onesies entworfen, speziell für seine Bedürfnisse am Berg, und Zelte, die auch extremen Windgeschwindigkeiten standhalten. Für den Alpinisten sind solche Entwicklungen mehr als technischer Fortschritt – sie sind ein Teil der alpinistischen Evolution.

Zurück im Camp

Das Camp ist sicher, das Erdbeben hat auch hier seine Spuren hinterlassen, doch Jost Kobusch fühlt sich sicher. »Das Erdbeben hat uns erschüttert«, sagt er, »doch die Auswirkungen sind nicht so dramatisch wie 2015.« Damals half er beim Wiederaufbau und unterstützte Hilfsaktionen in den betroffenen Dörfern. Jetzt, Jahre später, wirkt alles anders, fast schon ruhig – zumindest von dem, was er gehört hat. Doch das nimmt ihm nicht die Neugier, im Winter erneut auf den Everest zu steigen, diesmal solo, ohne Sauerstoff, über den Westgrad. Es geht ihm nicht nur um das Ziel – es geht ihm darum, als Alpinist zu wachsen. Und mit jeder Lektion, die er in solchen Situationen lernt, wird er stärker. Jeder Schritt bringt ihn dem nächsten Gipfel näher.

Wir vom CARL sind froh darüber, dass wir ein Stück weit teilhaben durften und durch den Austausch mit Jost Kobusch ganz nah am Geschehen waren. Wir werden unseren Borgholzhausener Alpinisten weiter im Auge behalten!

WORTMANN & PARTNER

Wir freuen uns, Jost seit vielen Jahren auf seiner Mission, die Grenzen des Machbaren zu verschieben, unterstützen zu dürfen.