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  • 28.04.2025
  • Ausgabe 110
  • RegioCarl

MARKO GNECH –

Vom Schornstein aufs Siegertreppchen
Regina Meier zu Verl Redakteurbild

Regina Meier zu Verl

Content-Redakteurin

TEXT: REGINA MEIER ZU VERL | FOTOS: MATTHIAS KIRCHHOFF, MARKO GNECH

Wenn Marko Gnech morgens zu seinen Kunden fährt, ist das ein gewohntes Bild in Steinhagen. Der drahtige Schornsteinfegermeister mit dem schwarzen Arbeitsanzug und Zylinder ist bekannt – als zuverlässiger Handwerker und freundlicher Nachbar. Doch wer nur diesen Teil von ihm kennt, hat eine Seite seines Lebens verpasst: Denn abends wird aus dem Schornsteinfeger ein Boxer. Und das mit beeindruckender Ausdauer und Leidenschaft – selbst mit über fünfzig (Jahrgang 1974).

Dieses »Doppelleben« macht ihn zur idealen Figur für ein Porträt. Wir vom CARL wundern uns immer wieder, welch interessante und begabte Menschen hier bei uns leben. Denn Marko ist nicht nur Sportler mit einem außergewöhnlichen Comeback – er ist jemand, der Grenzen testet, alte Rollen neu definiert und nie den Mut verliert, wieder anzufangen.

Der Erfolg gibt ihm recht
Sein größter Triumph: Im Jahr 2022 wird er WBF-Europameister im Master Boxen. Der Kampf findet in Rietberg statt, in der »Cultura«, einem kleinen Theater – die Kulisse für einen ganz großen Moment. Gnech besiegt Steven Küchler, einen mehrfachen Chemiepokal-Sieger, Militärweltmeister und ehemaligen Profi mit über 260 Kämpfen.

Ein weiterer grossartiger Erfolg

Und es geht weiter: 2023 holt sich Marko Gnech denselben Titel – diesmal auf Weltniveau. Wieder in der Cultura, wieder im Master Boxen. Diesmal schlägt er Jeff Stutt aus Neuseeland – einen gestandenen Kämpfer mit Profi-Erfahrung – einstimmig nach Punkten über sechs Runden. Beide Kämpfe sind auf YouTube zu sehen.

Auf einen Blick

• Geboren: 1974

• Beruf: Schornsteinfegermeister (seit 2002)

• Eigener Betrieb: Seit 2014 in Steinhagen

• Boxstart: Mit 8 Jahren beim BC Vorwärts Bielefeld

• Pause: 1996–2009

• Comeback: 2013 – mit 39 Jahren

• Erfolge:
2014 Kreismeister
2022 WBF-Europameister (Master Boxen)
2023 WBF-Weltmeister (Master Boxen)

Neben dem eigenen Training und den Wettkämpfen engagiert sich Marko als 1. Vorsitzender und Kassenwart beim Boxsport Bielefeld e.V., dem Verein, der heute im Sportpark Elan trainiert. Gemeinsam mit seinem besten Freund Nico Wilke, dem 2. Vorsitzenden, hält er den Laden am Laufen. Die beiden »rocken den Verein«, wie Marko sagt – und das meint er nicht ironisch. 

»Boxen ist wie das Leben: Du musst einstecken können, aber du darfst nie vergessen, auszuteilen, wenn sich die Gelegenheit ergibt.« Ein Satz, der nach typischem Boxerspruch klingt – aber bei Marko bleibt er hängen. Weil er ihn lebt. Morgens mit der Kehrbürste. Abends im Ring mit den Handschuhen. Und zwischendurch mit Herzblut für seinen Verein.

So fing alles an

Schon mit acht Jahren beginnt Marko zu boxen. Sein erster Kampf? Mit zehn – am 3. Februar 1985. Der Boxsport liegt bei den Gnechs in der Familie: Vater Paul Gnech war in den 1970er Jahren aktiver Kämpfer mit 26 offiziellen Kämpfen. Bruder Dirk brachte es sogar zum Deutschen Meister und kämpfte über 100-mal – unter anderem in der 2. Bundesliga für Dortmund. Alle trainierten im BC Vorwärts Bielefeld. In diesem Verein wurde auch Marko groß. 1989 krönt er seine Jugendkarriere mit dem Titel des Deutschen Jugendmeisters in Bochum.

Prioritäten setzen – dann geht’s weiter Doch danach wird es ruhiger um ihn. Berufsausbildung, Meisterprüfung, Selbstständigkeit – das Leben außerhalb des Rings fordert seinen Tribut. Von 1996 bis 2009 legt er eine lange Sportpause ein.

Er macht seine Lehre zum Schornsteinfeger (1991–1994), wird am 13. Dezember 2002 Meister und gründet am 1. Januar 2014 seinen eigenen Betrieb in Steinhagen. Der Boxsport scheint Geschichte zu sein – bis sich 2013 etwas regt. Mithilfe von Hypnose gibt Marko das Rauchen auf und will wieder boxen – für ihn ein magischer Moment.

»Ich wollte wissen, ob’s noch geht«, sagt Marko rückblickend. Es geht. Ende 2013 steigt er – mit 39 Jahren – wieder in den Ring. Nach einer Änderung der Wettkampfbestimmungen darf er das ganze Jahr 2014 olympisch boxen. Und das tut er: elf Kämpfe in einem Jahr. Am 15. Februar 2014 wird er mit 40 Jahren Kreismeister. Bis 2023 folgen 26 Kämpfe.Derzeit steht eine OP wegen eines Sehnenabrisses an, wenn das ausgeheilt sein wird, dann dürfen wir wieder mit Marko Gnech rechnen, denn dann startet er erneut durch. Wir vom Carl wünsche alles Gute und werden ihn im Auge behalten!